Nicht jedermanns Liebling

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jazebel Avatar

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Dieser Krimi ist nur etwas für Liebhaber. Für Liebhaber einer genau bemessenen, doppelbödigen Sprache. Der Schreibstil von Thomas Raab ist daher natürlich Geschmackssache.

Ich empfehle deshalb vor dem Kauf reinzulesen bzw. sich die Leseprobe anzuschauen. Ich bin mir ja nicht sicher ob Herr Raab von natur aus so gut schreibt oder dies mit einiger Unterstützung aus dem Lektorat gelungen ist, fast jeden Satz so zu temperieren, dass sich sprachlich eine maximale Schlagkraft mit stets präsentem schwarzem Humor entfaltet. Deshalb empfinde ich es als Affront, dass der KiWi Verlag uns zwar den Titelbilddesigner und den Autorenfotograf verrät, nicht jedoch das Lektorat!

Ein Beispiel gefällig für diese ungewöhnlich kauzige Sprache? "Ruckzuck schwingen die Fenster auf, stecken die Glaubenthaler ihre Köpfe heraus, als wäre Weltspartag und die längst geschlossene Postsparkasse wieder geöffnet. Mittlerweile kann sich ja sogar die Zweigstelle drüben in Sankt Ursula ihre Spargeschenke sparen, denn selbst in der Sockenlade zuhause findet die alte Huber bessere Zinsen."

Da wird denn vor lauter Grinsen über die Macken und Schrullen der Dorfbewohner die eigentliche Geschichte zur Nebensache. Wer sich das fragt: die alte Huberin trägt nach Jahrzehnten zuneigungsloser Ehe ihren Mann zu Grabe. Er ging zum Herrgott direkt nachdem er kam. Das Kommen allerdings erledigte er zuvor in einem sehr irdischen Dienstleistungsbetrieb. Dummerweise fällt der Sarg bei der Beerdigung mit etwas zuviel Schwung in die Grube, der Deckel geht auf und drin liegt - nun ja- nicht Walter, der Mann der Huberin. Und so nimmt die Geschichte ihren Lauf.

Ein wenig mehr Fokussierung auf die Handlung hätte das Lesen weniger anstrengend und flüssiger gemacht. Aber alles in allem ein lesenswerter, wenn auch sehr ungewöhnlicher Provinzkrimi.