Empfehlenswert für jeden Leser mit geschichtlichem Interesse, und für alle anderen umso mehr.

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
juno dean Avatar

Von

... kurz gesagt, es ist verboten, zu leben! Und doch leben wir, trotz der Nazis, und hoffen, dieses Sklavenregime irgendwie zu überleben.

Wie kam ich zu diesem Buch?
Durch Zufall wurde ich auf das Buch aufmerksam. Es ist das erste Buch von Mary Berg, das ich lese.

Wie finde ich Cover und Titel?
Cover und Titel sind Programm und äußerst passend.

Um was geht’s?
Auf den Inhalt gehe ich an dieser Stelle nicht allzu detailliert ein, den Klappentext könnt ihr ja selbst lesen, und eine Zusammenfassung des Buches muss ja nun nicht in die Rezension, zumal die Geschichte des Warschauer Ghettos ja bekannt sein dürfte.
Mary Bergs (eigentlich Miriam Wattenberg) Aufzeichnungen sind die ersten einer Überlebenden aus dem Warschauer Ghetto von dessen Errichtung bis zu ihrer Flucht nach Amerika, die zudem noch vor Kriegsende erstmalig erschienen. Es hätte die Welt aufwecken können.

Wie ist es geschrieben?
Der Schreibstil ist flüssig und zügig zu lesen, der Ausdruck ist überraschend neutral und emotionslos und wirkt eher wie ein ziemlich nüchterner Bericht, was aber auch nachvollziehbar ist, denn Mary musste aus Selbstschutz sicher einiges ausblenden.
Das Tagebuch ist natürlich in der Ich-Form geschrieben ist, man versucht sich gleich mit der Protagonistin zu identifizieren und ist irgendwie näher dran am Geschehen.
Wie das Tagebuch von Anne Frank erlebt man die Zeit aus der Sicht eines Teenagers, der das Geschehen um sich herum einfach nicht begreifen kann. Man merkt, dass dieser Teenager kein Teenager sein kann. Sie beschreibt die Welt im Ghetto, mit den Hungernden, Toten, Bombenangriffen und dem ganzen Elend, als wäre es eine ganz normale. Für sie ist sie das ja auch.
Lange scheint sich Mary in Sicherheit zu wiegen, sie beobachtet, wie Leute sterben, scheint aber nicht zu glauben, dass sie auch Opfer werden könnte (oder sie erwähnt es einfach nicht). Später ändert sich ihre Einstellung bezüglich der eigenen Überlebenschance aber. Während der Internierung wird sie emotional, vermutlich weil die Rettung aus dieser Hölle zum Greifen nah ist, sich dann aber doch verzögert.
Die Beschreibungen sind nicht zu ausschweifend, aber detailliert und bildhaft genug, um gleich in der Story zu sein. Besonders schlimm fand ich die Berichte, dass sich Polen von den Nazis haben beeinflussen lassen und ebenfalls gegen polnische Juden vorgegangen sind.

Mein Fazit?
Das Buch ist schwierig zu bewerten. Natürlich sollte jedes dieser Schicksale gehört und gelesen werden, und man sollte sich dabei vor Augen halten, dass es keine ausgedachte Geschichte sondern die bittere Realität war, auch wenn man glauben möchte, es wäre eine moderne Dystopie.
Dennoch berührte mich das Buch nicht so, wie es sollte, und ist für mich ein rein informatives, aber dennoch empfehlenswertes Sachbuch.
Ich hätte gerne noch erfahren, wie es Mary nach dem Krieg und in ihrer neuen Heimat erging, kann aber auch nachvollziehen, dass sie mit dem Thema abschließen wollte und aus der Öffentlichkeit verschwand.