Wertvoll

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Marys Tagebuch beginnt am Tag ihres 15. Geburtstags. Innerhalb weniger Wochen hat sich das Leben der jungen Jüdin völlig verändert. Sie musste ihre Heimatstadt Lodz hinter sich lassen und wird schließlich 1940 gemeinsam mit ihrer Familie im Warschauer Ghetto interniert. Die Rettung der Familie ist allerdings die amerikanische Staatsbürgerschaft der Mutter. Durch sie kann die Familie 1943 das Ghetto verlassen und gelangt nach einer langen Odyssee 1944 endlich nach Amerika.
In ihrem Tagebuch dokumentiert Mary eindrücklich das Schicksal ihrer Familie und schildert insbesondere die Lage im Warschauer Ghetto. Bei ihren Schilderungen wird schnell deutlich, dass Mary zu einer privilegierten Gruppe gehört. Dieser Umstand ist ihr auch sehr wohl bewusst und wird im Tagebuch immer wieder thematisiert.
Besonders interessant fand ich, dass die Zeit nach dem Ghetto - denn bis nach Amerika war es wirklich noch ein langer Weg - thematisiert wird. Ein solcher Zeitzeugenbericht ist mir noch nie untergekommen.

Ich fand es beeindruckend, wie reflektiert dieses junge Mädchen über das Ghetto berichtet. Aus meiner Sicht sind solche Berichte unglaublich wichtig, denn lange werden wir nicht mehr auf direkte Zeitzeugen zurückgreifen können.
Ich finde Marys Tagebuch ist für den Leser sehr gut zugänglich, sodass man einen Eindruck vom Leben im Ghetto gewinnen kann. Natürlich sind ihre Schilderungen voll von Gewalt und Brutalität, aber auch von einem unbändigen Lebenswillen und einer starken Gemeinschaft.

Bevor das Tagebuch beginnt, wird das ganze in den historischen Kontext eingeordnet. Das hat mir sehr gut gefallen. Allerdings hätte ich mir vielleicht auch noch ein paar mehr Anmerkungen oder einen kurzen Schluss gewünscht, so endet man wirklich mit Marys letzten Tagebucheinträge. Da hätte ich mir noch ein paar Schlusssätze zur Einordnung gewünscht.
Sehr hilfreich war die Karte des Ghetto auf S. 70, ich hätte diese allerdings vielleicht direkt am Anfang platziert und auch Entwicklungen berücksichtigt. Ich habe auf jeden Fall immer wieder dorthin geblättert und die Einträge besser nachvollziehen zu können.
Es waren auch immer wieder Bilder im Buch, die ich sehr interessant fand, auch wenn sie nicht immer ganz zum Text gepasst haben.

„Wann wird diese Hölle enden?“ von Mary Berg ist aus meiner Sicht ein wichtiger Zeitzeugenbericht, der viel mehr Aufmerksamkeit verdient hätte. Meine kleine Kritik führt nicht zu einem „Punktabzug“, da es lediglich noch mehr Service für den Leser bieten würde, aber das Dokument an sich ist für unsere Gesellschaft so wertvoll, dass man hier keine Punkte abziehen kann. Tatsächlich finde ich auch, dass das Tagebuch für viele Leserschichten sehr zugänglich ist.