Liebe im Schatten von Hass und Gewalt

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ceecee Avatar

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Agnesa wacht nach einem Terroranschlag, an dem sie selbst beteiligt war, ohne Erinnerungen auf und wird ausgerechnet von der Familie des Polizisten Tamer Al-Bari aufgenommen, dessen Schwester und viele andere bei diesem Anschlag ums Leben kamen. Schon von Beginn an ist klar: Die Liebe, die sich langsam zwischen Agnesa und Tamer entwickelt, kann kaum unter einem guten Stern stehen.

Für mich lag der Reiz dieses Romans vor allem in dem unausweichlichen moralischen Dilemma, das neben dem restlichen Plot die gesamte Geschichte hinweg die Spannung aufrechterhält. Denn schließlich möchte man wissen, ob es für Agnesa und Tamer überhaupt ein gutes Ende geben kann. Feinfühlig beschreibt die Autorin die Gefühle, Zweifel und Zerrissenheit ihrer Figuren und lässt einen mit der Familie Al-Bari, mit Agnesa und mit Tamer mitlieben und mitleiden.

Politisch betrachtet greift der Roman schwierige Themen wie Fremdenhass, Extremismus und Terrorismus auf, doch die Autorin behandelt sie meines Erachtens respektvoll und ohne allzu starke Polarisierung. Der Fokus liegt weniger auf dem Prozess der Radikalisierung, sondern vielmehr auf den Konsequenzen: der nie endenden Spirale aus Hass und Gegengewalt.

Allerdings hätte ich mir an manchen Stellen mehr Tiefe bei der Ausgestaltung der Charaktere und ihrer Motive gewünscht. Gerade Agnesas früheres Leben und "altes Ich" blieben recht blass, ebenso wie Francos Hintergrund für mich gerne stärker hätte beleuchtet werden dürfen, um zu verstehen, wie aus einem liebenden Familienvater ein eiskalter Terrorist wird. So wirkte manches leider etwas stereotyp und weniger greifbar. Ähnlich ging es mir mit Tamers anfänglicher Faszination für Agnesa. Während sich die Beziehung zwischen Agnesa und Tamer im Verlauf des Buches zwar entwickelt, erschien mir Tamers anfängliche Faszination etwas zu oberflächlich und auf Äußerlichkeiten reduziert, sodass die schnelle Verliebtheit für mich nicht ganz die nötige Substanz hatte, die ich mir gewünscht hätte.

Das Ende fand ich dagegen gut aufgelöst, ebenso wie die Botschaft, die der Roman transportiert.

Der Schreibstil ist eher einfach, liest sich aber flüssig und weiß emotional zu fesseln und mitzureißen. Das Cover empfinde ich als gelungen und passend zum Roman.

Alles in allem vergebe ich wohlgemeinte 3,5 Sterne. Warda ist ein berührender, spannungsgeladener Roman, der schwierige Themen sensibel behandelt, zum Nachdenken anregt und eine unglaublich berührende Liebesgeschichte erzählt - auch wenn er in der Figurenzeichnung an manchen Stellen noch etwas mehr Tiefe hätte vertragen können. Für Fans herzzerreißender Liebesgeschichten definitiv trotzdem eine Empfehlung wert!