Es bleibt so viel

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
constanze_pachner Avatar

Von

Die Journalistin 'Louis Brown' erzählt hier authentisch von ihrer Arbeit als Trauerrednerin. Sie setzt den Tod wertschätzend mitten in das Leben hinein.

So individuell persönlich der Tod ist, so kann diese Rezension folglich nur eine ganz persönlich individuelle werden.

"Der erste Verlust einer geliebten Person ist eine Wegmarke im Leben. Nichts ist danach wie zuvor." 18
Meine Wegmarke war der Tod meiner Oma, die lange unter Parkinson litt und zehn Jahre umringt von ihrer Familie in einem Pflegeheim lebte. Ich war 17, ich hatte Französisch, darin war ich, außer einer perfekten Aussprache - mein Urgroßvater war ein Franzose -, grottenschlecht. Es klingelte im Sekretariat, es sei Eile für mich geboten, ins Pflegeheim zu kommen, es sei soweit. Meine ach so verehrte Französischlehrerin informierte mich netterweise erst nach der Doppelstunde. Ich verpasste den Bus nach Greven und hatte das ohrfeigende Totschlagargument zu vernehmen: Vorbei, es ist vorbei!
Wut, Verdruß, tiefe Leere fraß sich in mein Gemüt. Warum nicht diesen einen Moment? Was eine Welt? Sie wollte es so sehr - mich noch sehen. Wird erlittenes Leid mit Leid bezahlt? Mein Glaube an das Gute in der Welt vergrub sich an das Fußende meiner Bettdecke, verharrte lange, bis es zäh krabbelnd in meinen Bauch zurückkehrte, denn:

"Ein gemeinsames Lachen kann einen 'Kranken' und einen 'Gesunden' zumindest für einen kurzen Moment auf die gleiche Ebene versetzen und damit einen dieser unvergesslichen Momente schaffen, die über den Tod hinaus gehen." 54

Diesen Moment hatten wir - Oma und ich -, unvergesslich eingefleischt:
Ich saß an ihrem Bett, hielt ihre Hand, die leicht zitterte, sie entwich dem Schlummern, fixierte mich warm und prustete mit wackeliger Stimme: 'Mein Kind, wir sind rasend in einem roten Porsche mit schwarzer Innenausstattung durch die Prärie gepräscht!' Sie konnte kein Auto fahren, aber das war ihr Traum. Voller lächelnder Zärtlichkeit küsste ich ihre Stirn.