Heißer Tee und Bienenhonig

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bücherkarin Avatar

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Inhalt: Die Seelen aller Verstorbenen kommen im Bahnhof von Schemaja an, dort erwarten sie den Urteilsspruch des höchsten Richters. Einige von ihnen, die eines unnatürlichen Todes gestorben sind, die gequält wurden, Opfer waren aber auch , die große Schuld auf sich geladen haben, werden ausgewählt, Präsentatoren zu sein. Diese sollen das Leben anderer Verstorbener, ihre Schuld aber auch ihre guten Taten vor dem Hohen Gericht präsentieren. So präsentiert z.B. Luas, den Nero enthaupten ließ, immer wieder dessen Geschichte - es ist auch nach knapp 2000 Jahren noch kein höchstes Urteil über Nero gefällt. Nun ist auch Brek Abigail Cuttler in Schemaja angekommen, in die Obhut von Luas. Im Leben war Brek eine junge, erfolgreiche Anwältin, die mit ihrem jüdischen Mann Bo, einen kritischen Fernsehjournalist, und ihrer 10 Monate alten Tochter Sarah glücklich zusammenlebte. Brek weigert sich lange, ihren Tod zu akzeptieren, noch länger, sich ihrer Todesursache bewußt zu werden. Um ihr das "Einleben" in Schemaja leichter zu machen, kann sie sich gedanklich in ihre Kindheit zurückversetzen, wohnt im Haus ihrer Großeltern und wird rührend von ihrer Urgroßmutter Nana (die gestorben ist, als Brek 4 Jahre war) umsorgt. Ihr wird bewußt, dass sie in ihrer Kindheit große Schuld auf sich geladen hat, der Unfall, bei dem sie den rechten Unterarm verlor, wurde von ihr vorsätzlich herbeigeführt. Um für ihre neue Aufgabe zu lernen wohnt Brek gemeinsam mit Luas der Präsentation anderer Seelen bei, dabei dringt sie tief in das Leben und die Gedankenwelt der jeweiligen Person ein. Sie entdeckt erstaunliche Verbindungen zwischen den unterschiedlichen Personen, die schicksalhaft für diese, aber auch für ihr eigenes Leben waren, und nun in der Welt der Toten wieder zusammengeführt werden. Aber es entstehen auch große Zweifel in ihr, dass vor dem göttlichen Gericht die Gerechtigkeit siegen wird und sie kommt zu der sarkastischen Erkenntnis, dass das Leben nach dem Tode dem Leben selbt recht ähnlich ist, dass sich die widersprüchlichen Stränge des Lebens nach dem Tode fortsetzen, es keine Erlösung, keine Rettung, keinen Trost gibt. Die Verstorbenen haben große Schuld auf sich geladen, aber sie haben auch Gutes getan. Allmählich erkennt Brek, dass der Grat zwischen Gut und Böse, zwischen Liebe und Hass sehr schmal ist, dass Gerechtigkeit letztendlich Verbrechen nicht verhindert. (Zitat Luas: "..Der weise Mensch entscheidet sich gegen Gerechtigkeit und für die Liebe...") Als Brek endlich so weit ist, selbst Seelen präsentieren zu dürfen, ist ihr erster Mandant Otto Rabun-Bowles, der durch den elktrischen Stuhl ums Leben kam - ihr Mörder! Wie wird Brek der großen Aufgabe, ihn unvoreingenommen zu präsentieren gerecht werden? Kann und will sie das? Einschätzung: James Kimmel widmet seinen spirituellen Roman einer der großen Grundfragen der Menschheit: Gibt es ein Leben nach dem Tode?, Was geschieht mit Menschen, die große Schuld auf sich geladen haben? Er beschäftigt sich also mit den Fragen von Schuld, Sühne, Vergebung, Liebe, Hass, Gerechtigkeit. Das allein sind schon große, sehr umfangreiche und schwierige Themen für einen Roman. Aber der Autor geht noch weiter, er thematisiert Rassismus und Antisemitismus (mit einer weit hergeholten aber sehr interessanten These) und die Schuld, die das deutsche Volk unter dem Hitlerregime auf sich geladen hat. Eigentlich spannt er den Bogen von Kain und Abel über Neo, den II. Weltkrieg und den Vietnamkrieg bis zu den neonazistischen Auswüchsen der Gegenwart. Das ist bewundernswert, aber m.E. leidet der Roman unter dieser Überfülle. Die Sprünge zwischen den einzelnen Zeitebenen und den verschiedenen geschichtlichen Ereignissen sind auf die Dauer ermüdend und nehmen dem Roman die Spannung. Ein Buch, dem ich höchste Anerkennung zolle, das ich aber trotzdem kein zweites Mal lesen würde.