Atmosphärisch und klug

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oberaffengeil Avatar

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Als Marie auf die kleine, nicht näher benannte Insel in Norddeutschland zieht, erweckt sie sofort eine Neugier in unserer Protagonistin Vida, die ein behütetes und bescheidenes Leben, das ihr bislang immer genug war. Ohne viel Enthusiasmus bereitet Vida gerade ihre Hochzeit mit ihrem Jugendfreund vor und ist drauf und dran den Laden ihrer Eltern zu übernehmen. Ihr Interesse an Marie entwickelt sich schnell zu einer Verliebtheit und Obsession, bis sie an ihrem Lebensentwurf zu Zweifeln beginnt.

In dem sehr kurzen Roman hat Alexandra Blöchl doch sehr viel Bedeutung und Atmosphäre reingebracht. Das rauhe Setting der Insel ist der perfekte Hintergrund für die Handlung. Durch ihre Beziehung zu Marie wacht Vida wie aus einer Starre auf und es gerät Bewegung in ihr Leben, gleichzeitig ist die Insel fast klaustrophobisch einengend.

Die Figuren sind, bis auf Vida, eher eindimensional, was der Geschichte aber nicht schadet, da die Reise uns mehr in Vidas Innenleben mitnimmt. Sympathisch ist sie durch ihr Handeln vielleicht nicht, trotzdem habe ich viel Mitgefühl mit ihr. Es geht um familiäre Spannungen, die eigene Identität und Erwartungen ans Leben.

Der Schreibstil ist eher nüchtern und präzise, bis er es stellenweise doch nicht ist. Diese Inkonsistenz passt meiner Meinung nach gut zur aufgewirbelten Gedankenwelt von Vida.

Man kann sich mit dem Roman wie mit den Wellen treiben lassen und in ihn eintauchen, ohne Gefahr zu laufen darin zu ertrinken.