Stimmungsvoll und poetisch

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Als Ruth 1967 ungeplant schwanger wird, muss sie Ost-Berlin verlassen und findet Unterschlupf in einem kleinen Dorf im mecklenburgischen Grenzgebiet. Die Menschen dort halten zusammen, und Ruth freundet sich mit der ebenfalls schwangeren Hannah an.

Deren Kinder, Jule und Andi, wachsen gemeinsam auf und sind von Anfang an unzertrennlich – obwohl sie grundverschieden sind: Jule ist extrovertiert und offen für Neues, Andi hingegen ruhig und in sich gekehrt. Aus der innigen Freundschaft wird in der Teenagerzeit Liebe. Doch ihr gemeinsamer Weg wird jäh unterbrochen, als Jule zufällig ein lange gehütetes Geheimnis entdeckt. Sie macht sich auf die Suche nach ihrem Vater. Nach dem Fall der Mauer eröffnen sich ihr dafür neue Möglichkeiten. Trotz der räumlichen Trennung bleibt die Verbindung zu Andi bestehen, der die Hoffnung auf Jules Rückkehr nicht aufgibt: Sie schreiben sich weiterhin und halten an ihrem alten Kinderspiel fest – Ich sehe was, was du nicht siehst.

Farben in all ihren Nuancen sowie Zeitangaben strukturieren als Kapitelüberschriften den Roman. Die historischen Ereignisse bilden zwar den Rahmen, stehen jedoch nicht im Vordergrund. Im Zentrum dieses stillen, sehr poetischen Debütromans stehen die Lebensgeschichten der Figuren zwischen 1967 und 2010. Der Roman beeindruckt weniger durch dramatische Handlung als durch die feinen Stimmungen, die die Autorin mit großer Sensibilität einfängt. Es braucht etwas Geduld und die Bereitschaft, sich auf den Erzählstil einzulassen – doch es lohnt sich.