Davongelaufen oder ermordet?

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buecherfan.wit Avatar

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Stef Penneys Roman “Was mit Rose geschah” (Originaltitel: The Invisible Ones) beginnt mit einer Art Prolog, den der Leser zunächst zeitlich nicht einordnen kann. Privatdetektiv Ray Lovell wacht im St.-Luke´s Krankenhaus auf und leidet unter seltsamen Symptomen. Er wurde nach einem Unfall in seinem Wagen in dem Ort Downham Wood gefunden, kann sich aber an nichts erinnern, nicht einmal, warum er überhaupt dort war. Zusätzlich zum Gedächtnisverlust leidet er an Lähmungen und kann kaum sprechen. Er hat albtraumhafte Visionen und Halluzinationen, für die es noch keine Erklärung gibt.

Im zweiten Kapitel erfährt der Leser mehr über Ray Lovell, seinen Geschäftspartner Hen, ihre Firma Lovell Price Investigations und einige ihrer Kunden. Von Bedeutung für den Fortgang der Handlung ist hier der etwa 60jährige Leon Wood, ein Rom, der seine seit mehr als sechs Jahren verschwundene Tochter Rose sucht. Sie hatte einen Zigeuner geheiratet, einen Sohn bekommen und war dann angeblich mit einem “gorijo” durchgebrannt. Leon Wood hat das Verschwinden seiner Tochter nicht der Polizei gemeldet, will aber jetzt Lovell einschalten, weil der selbst ein halber Rom ist.

Im folgenden Kapitel tritt der 14jährige Jimmy Smith genannt JJ als Erzähler auf, der zum Zigeuner-Clan der Jankos gehört. Der Clan fährt mit fünf Wohnwagen. Zur Familie gehören außer Jimmys Großeltern und seiner Mutter Sandra noch der Großonkel Tene, dessen Sohn Ivo und Tenes 6jähriger Enkel Christo, der an der Familienkrankheit leidet und deshalb von einem Teil der Familie nach Lourdes gebracht werden soll, wo einst auch sein Vater Ivo Heilung fand. Ivos Frau und Christos Mutter ist vor langer Zeit davongelaufen. An dieser Stelle werden erste Zusammenhänge deutlich. Es handelt sich um die verschwundene Rose (Janko).

Der Romananfang liest sich gut und weckt das Interesse des Lesers. Er ist mit seinen zwei so verschiedenen Ich-Erzählern etwas Besonderes. Nach dem dritten Kapitel vermutet der Leser, dass Lovell den Auftrag angenommen hat und die im Prolog geschilderte Situation den Endpunkt einer Entwicklung darstellt. Die Suche nach der Vermissten hat den Privatdetektiv offenbar in größte Gefahr gebracht.

Interessant ist der Roman auch deshalb, weil die Autorin den Leser in eine fremde Welt entführt. Man weiß kaum mehr, als dass sich Ausgrenzung und Verfolgung wie ein roter Faden durch die Geschichte der Zigeunerstämme zieht. Ihre Sitten und Traditionen sind uns fremd, und auch über die Sprache finden wir keinen Zugang. Der Roman scheint von daher eine lohnende Lektüre zu sein.