Die Woods und die Jankos

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theresia626 Avatar

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Der Roman von Stef Penney „Was mit Rose geschah“ (im Original „The Invisible Ones“) beginnt wahrscheinlich mit dem Ende der Geschichte, in deren Mittelpunkt zwei Erzähler stehen. Ray Lovell ist Privatdetektiv. Sein Vater war ein Zigeuner und seine Mutter Dorothy war eine gorjio (Nicht-Zigeunerin). Rays Familie gehörte nicht zu den Fahrenden, sie lebten in einem Haus, und er und sein Bruder gingen zur Schule. Der zweite Ich-Erzähler ist der 14jährige Jimmy Smith, genannt JJ, ein Gypsie oder Rom, dessen Vorfahren aus Osteuropa stammen.

Im ersten Kapitel der Leseprobe liegt Ray nach einem Unfall im St.-Luke’s-Krankenhaus. Wie es zu dem Unfall kam, daran kann er sich nicht erinnern. Er kann sich auch nicht daran erinnern, wer ihm erzählt hat, dass ein Jogger auf seiner üblichen Morgenrunde den Wagen mit ihm als Fahrer hinterm Steuer gefunden hat. Das Auto ist in dem Ort Downham Wood von der Straße abgekommen und gegen einen Baum geprallt. Die Ärzte vermuteten anfangs, dass Ray einen Schlaganfall erlitten hatte oder unter Drogen stand. Er wurde aber wahrscheinlich vergiftet. Das zweite Kapitel spielt im Mai, ein paar Monate früher. Ray, dessen Firma pleite ist, erhält von Leon Wood, einem kleinen und um die sechzig Jahre alten übergewichtigen Rom den Auftrag, nach seiner Tochter Rose Janko zu suchen. Er vermutet, dass ihr Ehemann sie kurz nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes vor sechs Jahren umgebracht hat, und weil Zigeuner Familienangelegenheiten untereinander regeln, ist Leon Wood nicht zur Polizei gegangen. In seinen Augen ist Ray einer von ihnen, auch wenn dieser sich als gorjio bezeichnet. Im dritten Kapitel stellt JJ seine Familie vor. Seine Mutter Sandra, die er sehr gern hat, seinen Großvater Jimmy, seine Großmutter Kath, seinen Großonkel Tene, der im Rollstuhl sitzt, dessen Sohn Ivo und Ivos Sohn Christo. Sie alle fahren zusammen, sind mit fünf Wohnwagen unterwegs und wenn sie irgendwo länger bleiben, arbeitet seine Mutter als Ausfahrerin. Sie ist es auch, die sich um Tene kümmert. Die Jankos, wie sich die Familie von JJ nennt, zählt zu den Aristokraten unter den Roma und sie könnten auf die Woods hinabschauen (S. 23). Christo, JJs Cousin, ist sechs Jahre alt und hat die Familienkrankheit. Eine Krankheit, die kein Arzt heilen kann. JJ ist ohne seine Mutter und seinen Großvater mit dem Rest der Familie auf einer Fähre nach Frankreich unterwegs. In Lourdes wurde Ivo, der auch die Familienkrankheit hatte, wie durch ein Wunder geheilt. Was geschah mit Rose Janko, die vermutlich die Mutter des kleinen Christo ist?

Stef Penneys neuer Roman „Was mit Rose geschah“ ist völlig anders als ihr beeindruckendes Erstlingswerk „Die Zärtlichkeit der Wölfe“. Ihr erster Roman spielt in Kanada, im Winter 1867 und ist eine faszinierende Mischung aus Kriminal,- Abenteuer und Liebesroman. Penneys neuer Roman ist im zeitgenössischen England angesiedelt. Es ist ein Kriminalroman, der in einem besonderen Milieu spielt. Ray Lovell ist als halber Rom der richtige Mann, um in den Kreisen der Zigeuner zu ermitteln, wo er offensichtlich einem gefährlichen Geheimnis zu nahe kommt. Mir gefällt die Leseprobe trotz des etwas spröden Stils, und ich bin gespannt auf die Auflösung des Kriminalfalls, auch wenn der Anfang handlungstechnisch bisher recht unspektakulär ist.