Zigeunerjunge, Zigeunerjunge...

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tochteralice Avatar

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Nein, ich meine nicht den altbekannten Schlager der Sängerin Alexandra, sondern die beiden "Zigeunerjungen", aus deren jeweiliger Perspektive die Handlung des Buches "Was mit Rose geschah" erzählt wird: den Privatdetektiv Ray Lovell, dessen Vater ein assimilierter Roma war, der mit einer Engländerin verheiratet war und als Briefträger gearbeitet hat und den jungen JJ, der mit seiner Sippe in alter Manier in einem Wohnwagenkonvoi durch die Lande zieht.
Die Handlung spielt in England Mitte der 1980er Jahre: Ray wird beauftragt, Rose Janko zu finden, eine Roma, die etwa ein Jahr nach der Eheschließung verschwand und Mann und Kind alleine ließ. Auftraggeber ist Roses Vater, Ray und JJ lernen sich kennen, da Ivo und Christo - der verlassene Ehemann und das schwerkranke Kind zu der Gruppe von Verwandten gehören, mit denen auch JJ und seine Mutter Sandra umherziehen und zu der außerdem Ivos Vater Tene Janko sowie dessen Schwester und Schwager - Sandras Eltern - gehören. Eine merkwürdige Geschichte, die Jahre her ist. Ray spürt, dass der Schlüssel bei der Sippe der Jankos liegt und ermittelt. Er liegt nicht verkehrt, trotzdem kommt alles anders als gedacht.
Ein kluges und mitreißendes, mitunter auch überraschendes Buch, dessen Lektüre sich unbedingt lohnt. Die Handlung wird aus den beiden unterschiedlichen Perspektiven von Ray und JJ sehr anschaulich dargestellt. Definitiv ist dies nicht nur, aber auch ein Krimi und gleichzeitig eine Sozialstudie der in England lebenden Roma. Die Atmosphäre von Großbritannien der 1980er Jahre ist mit Händen greifbar, nicht nur durch den allgegenwärtigen Zigarettenkonsum, der sich wie ein roter Faden durchs Buch zieht.
Ein Genuss ist auch die Übersetzung der großartigen Susanne Goga-Klinkenberg, die durch ihre behutsame und einfühlsame Arbeit einmal mehr die von der Autorin transportierten Botschaften gelungen rüberbringt und somit das gelungene Leseerlebnis noch unterstreicht. Ein bisschen schade finde ich nur, dass der Originaltitel „The invisible ones“ der die Situation und das Lebensgefühl der Roma aufs Trefflichste spiegelt, nicht in der deutschen Übersetzung aufgegriffen wurde, da dies ja immerhin die erste Botschaft der Autorin an ihre Leserschaft ist. Alles in allem jedoch ein ungewöhnliches Buch, das ich Liebhabern anspruchsvoller Spannungsliteratur von Herzen empfehlen kann und das noch lange nachwirkt.