Lebendiger femininer Befreiungsdrang

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‘Was vor uns liegt‘, ein Roman von Alba de Céspedes, ist die Geschichte von acht Frauen, die in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts ihren Freiheitsdrang, den Ausbruch aus den gesellschaftlichen Zwängen, auf ihre ganz eigene Art versuchen zu leben. Sie studieren in Rom, fernab ihrer Heimat. Sie wohnen, anders als die männlichen Studierenden, in einem von Nonnen geführten Konvikt, das ihnen strenge Regeln bezüglich der Anwesenheit zu den Mahlzeiten und der allabendlichen Sperrstunde vorgibt. Jede der jungen Frauen hat ihre Wünsche und Sehnsüchte, hat aber auch ihre Geheimnisse, die ihr Dasein prägen und belasten. Und dennoch wissen sie um das Privileg ihres, wenn auch nur auf eine gewisse Zeit begrenztes, selbst bestimmten Lebens, das mit einer Heirat natürlich vorbei sein wird.
Der Roman von 1938 erscheint beim Insel Verlag in einer neuen Übersetzung von Esther Hansen. Er spricht heute noch aktuelle Themen der Frauenbewegung an wie den Drang nach Selbstbestimmung und nach intellektueller Befreiung. Er zeigt das Bedürfnis nach Liebe, nach Anerkennung aber auch eine tiefe Verletzlichkeit, die schuldhafte Gefühle erzeugen, wenn das gesellschaftliche Bild getrübt wird. Es erfordert ein wenig Konzentration beim Lesen, um den Protagonistinnen in den unterschiedlichen Leseabschnitten zu folgen.
Wer gern in die Gedanken- und Gefühlswelt der Frauen eintauchen möchte, die bereit sind, ihre Fesseln zu sprengen, findet hier sein Lesevergnügen.