Für Personen, die Hannah Arendt bereits kennen

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einbisschenschoen Avatar

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Was wir scheinen von Hildegard E. Keller ist ein fiktiver Roman, der über das Leben von Hannah Arendt erzählt.

Der Roman ist am 26.02.2021 im Eichborn-Verlag erschienen und hat 563 Seiten. Es handelt sich um den Debütroman von Hildegard Keller, die zuvor Theaterstücke, Hörspiele und Filme veröffentlichte. Sie ist darüber hinaus Professorin für Literatur in Zürich und hat auch zehn Jahre lang in den USA gelehrt.

Der Roman ist in drei Teile gegliedert. Die Kapitel spielen abwechselnd zu verschiedenen Zeiten im Leben der Hannah Arendt. Inspiriert sind die Geschehnisse und Gespräche von Briefen und Büchern von Hannah Arendt. Insbesondere spielt der Eichmann-Prozess und ihr Buch „Eichmann in Jerusalem“ eine große Rolle.

Das Buch beginnt auf einer Reise im Sommer 1975 von New York ins Tessin (Schweiz). Dort blickt Hannah Arendt auf die Entwicklungen nach dem Krieg zurück, und welche Auswirkungen diese auf ihr Leben hatten.
In den einzelnen Kapiteln erfährt man mehr über Hannah Arendt in ihren verschiedenen Rollen: als Dozentin, als Philosophin, als Berichterstatterin während des Eichmann-Prozesses. Aber auch die persönliche Seite von Hannah Arendt, als Ehefrau und Freundin wird beleuchtet.

Der Roman hat mir insgesamt gut gefallen. Insbesondere ist die Sprache sehr angenehm, und durch die immer wiederkehrenden Einschübe auf Englisch oder Italienisch wird der Roman aufgelockert. Ich hatte wirklich das Gefühl, in Hannah Arendts Kopf zu sein. Die interessanten Gespräche und Briefwechsel mit ihren Freunden und auch mit Studenten haben mir viele Denkanstöße gegeben.

Sehr gut gefallen haben mir die Gedichte, die immer mal wieder aufgetaucht sind.

Zugegebenermaßen ist mir der Einstieg in den Roman nicht leicht gefallen. Man ist wirklich sofort in Hannahs Gedanken: Sie erzählt von ihren ganzen Heinrichs, Gertruds, Barbaras und Kurts, als würden wir sie auch kennen. Für Leser*innen ohne Vorwissen ist es nicht einfach, den Roman auf Anhieb zu genießen.

Ich habe immer wieder Begriffe und Namen nachschlagen müssen, da ich nicht über Hintergrundwissen über Hannah Arendt oder sonstige Philosophen aus der Zeit verfüge. Nichtsdestoweniger habe ich das Gefühl, dass Keller mir die Person Hannah Arendt, bzw. ihre Interpretation von ihr, nahebringen konnte. Es hat definitiv den Impuls in mir geweckt, mehr über sie erfahren zu wollen und mich der Philosophie auseinander zu setzen.

Empfehlen würde ich den Roman Personen, die Hannah Arendt bereits kennen und auch das ein oder andere Buch von ihr oder über sie gelesen haben.

Vielen Dank an den Eichborn-Verlag für das Rezensionsexemplar.