Wassermanns Zorn - Tanzender Wassermann?

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Der Stil von Andreas Winkelmann liest sich leicht und flott, jedoch sind einige Protagonisten einfach zu simpel gezeichnet. Manuela Sperling ist 1,63 m groß (klein), wiegt knappe 50 Kilo und lässt sich viel zu viel gefallen. Das perfekte Bild der ausgenutzten, armen Praktikantin. Das krasse Gegenteil dazu ist Eric Stiffler (musste dieser Name wirklich sein?) – ein Macho sondergleichen, der frauenfeindliche Sprüche von sich gibt – und das, obwohl er für seine eigene Frau (die ihm trotzdem davongelaufen ist) so viel Verständnis aufgebracht hatte und deren Vorgeschichte Stiffler sehr genau kennt. Seine Kollegen bewundern ihn auch noch für seine blöden Sprüche. Sehr überzogen, sehr unreal. Insgesamt erreichen die Protagonisten einfach keine Tiefe, bleiben alle wischiwaschi und man hat das Gefühl, Andreas Winkelmann hatte keine große Lust, die Personen plastisch wirken zu lassen. Schade – da war sehr viel Potenzial, das nicht genutzt wurde.

Gerade Frank hätte sehr viel lebendiger werden können, doch auch er und seine Narkolepsie werden nur mit wenigen Strichen gezeichnet. Zu wenig Grundmaterial, um es auszufüllen. Mir drängt sich das Gefühl auf, dass Winkelmann hier einfach zu viele einzelne Komponenten miteinander verweben wollte und dabei den Überblick und das Gefühl für die Geschichte verloren hat.

Paradoxer Weise liest sich das Buch trotzdem lockerflockig. Nur geht es eben nicht so unter die Haut, wie es hätte können. Die Spannung kommt so auch etwas zu kurz. Immer mal wieder ist ein Hauch davon da, aber erst die letzten 50 Seiten fesseln wirklich – um den Leser dann mit so einigen Fragen zurückzulassen. Es fehlt einfach die Begründung, warum gewisse Protagonisten so handeln, wie sie gehandelt haben. Einzig der Wassermann ist durchdacht aufgebaut und – ACHTUNG SPOILER – macht seinem Namen alle Ehre, denn er beendet sein Werk wie geplant und entschwindet wieder.

Fazit: Ein Krimi, bei dem nicht das ganze Potenzial ausgeschöpft worden ist. Gut lesbar, aber kein Pageturner und somit Geschmackssache.