Winkelmanns blutrünstiger Wassermann

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rippchen Avatar

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Ein Autor - ein Thriller. Ein Winkelmann – ein Wassermann. Die unheimliche Mythengestalt aus der Gewässertiefe treibt dem Leser von der ersten Seite an den Schweiß auf die Stirn, so, als wäre er selbst das Opfer.
Was mit einer faszinierend bildhaft geschilderten Mordszene beginnt – man kann die Fingernägel des verzweifelten Opfers geradezu über den Wannenrand quietschen hören, den langen, quälenden Todeskampf unweigerlich vor seinem inneren Auge sehen – setzt sich in mehreren Handlungssträngen fort, die nach und nach geschickt zusammengefügt werden. Besonders beeindruckend ist Winkelmanns detaillierte Schilderung der beteiligten Charaktere:
Der asketische Morddezernat-Chef Eric Stiffler, der mit dunklen Schatten aus seiner Vergangenheit konfrontiert wird. Die intensivieren sich stetig durch einen mysteriösen Anrufer „mit wässriger Stimme“(!)
Eine verwirrte und verängstigte junge Frau, die sich ebenfalls von einem Albtraum aus vergangenen Tagen verfolgt fühlt. Eine warnende Stimme in ihrem Kopf vermittelt dem Leser paranoide Charakterzüge, die „aus einem anderen Leben“ herrühren.
Eine blutjunge, übermotiviert-akribische Kommissarin mit Herz und Schnauze, die Stiffler bei der Verbrechensaufklärung unterstützen soll – und ihm den letzten Nerv raubt. Das liebenswert-schnodderschnäuzige Persönchen mit leicht chaotischem Verhaltenskodex zaubert dem Leser unweigerlich ein Schmunzeln aufs Gesicht. Ein Ruhepäuschen zwischen dem Spannungsaufbau ist angesagt: Der Leser darf lächelnd Luft schnappen, bevor die Spannung gnadenlos weiter aufgebaut wird – bis zu einem ersten Höhepunkt: Der Anrufer lenkt Stiffler zu einem attraktiven Mordopfer zwischen Treibgut im Fluss: Ein schwerer Fall aus dem leichten Gewerbe, in den der Kommissar selbst mehr involviert ist, als ihm lieb sein kann.
Eine konsequent aufgebaute Spannung, ein vielversprechendes weil herrlich gegensätzliches Ermittlerduo und brillant-bildhafte Beschreibungen von Landschaften und Lokalitäten sowie Liebschaften und Leiden sind gute Argumente für die Lektüre dieses Werkes.
Winkelmann bedient sich eines fesselnden Stoffes als Pflicht, webt ebenso sorgsam wie kaltschnäuzig einen Spannungsbogen als Kür – und gelangt mit seinen exzellent beschriebenen Abgründen menschlicher Seele(n) zur Meisterschaft. Winkelmann ist ein Meister.