Visuell sehr unangenehm gestaltet, inhaltlich oberflächlich

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viv29 Avatar

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Auf dieses Buch war ich sehr gespannt. Ich weiß zwar nicht, warum man nicht "77 außergewöhnliche Menschen aus Österreich" porträtieren kann, sondern sich verkrampft auf Frauen fokussieren muß, aber gut, wenn es 77 interessante Frauen gibt, dann lohnt sich die Lektüre. Die Namensliste im Klappentext verspricht eine tolle Bandbreite interessanter Persönlichkeiten.

Das Buch selbst enttäuscht mich allerdings fast auf ganzer Linie. Die optische Gestaltung ist extrem unangenehm. Auf grellem Pink schreien uns Namen und Seitenzahlen in aggressiven, fetten Großbuchstaben entgegen. Ich bin fast zurückgezuckt, als ich das sah. Die weißen Buchstaben zur Kenntlichmachung des Wechsels auf den nächsten Buchstaben des Alphabets sind zwar eine gute Idee, wirken aber durch die Gestaltung eher störend.
An der Stelle hätte ich die Leseprobe fast schon wieder geschlossen, so unangenehm war mein erster visueller Eindruck noch nie. Aber ich hoffte, daß das innere Layout ansprechender sein würde, und war außerdem gespannt auf die biographischen Einträge.

Als Erstes dann ein feministisches Zitat. Von solcher ideologischen Aufladung halte ich wenig. Auch hier die riesigen schreienden Großbuchstaben, die an die Titelseite der BILD erinnern.
Und warum ist der Titel auf Englisch? Ich werde nie verstehen, warum man krampfhaft englische Titel verwendet. Was ist an "Wir sind Österreich" nicht in Ordnung? Wirklich albern, da schreibt man ein Buch über 77 Österreicherinnen und betitelt das Ganze auf Englisch.

Dann die Kurzbiographien. Und kurz sind sie wirklich. Eine knappe Seite pro Person, inhaltlich ist das absolut Wesentlichste zusammengefasst, aber eben auch nur das. Man erfährt sehr wenig über die jeweiligen Frauen. Da hätte man das ganzseitige Porträt verkleinern und noch ein wenig Text unterbringen können. Was diese Frauen ausmacht, was sie außergewöhnlich macht, davon kommt jedenfalls bei den Texten in der Leseprobe so gut wie nichts rüber. Die extrem schlicht geschriebenen Texte bieten wenig. Nachtrag: erst in der hier vorhandenen Information über die Autorin las ich, daß es sich um ein Kinder-/Jugendbuch handelt. Insofern sind die Texte zumindest stilistisch angemessen und gelungen.
Man liest sich durch ein paar dürre Fakten und das war's. Nett ist immerhin der kleine Text über der jeweiligen Biographie, der mit "Was mir wichtig ist" oder "Was niemand über mich wusste" das Ganze etwas auflockert und anreichert. Auch das Verfassen der Biographien in Ich-Form ist eine gute Idee. Trotzdem bleiben die Texte enttäuschend.

Nun wäre das Buch als aller-allererster oberflächlicher Überblick durchaus geeignet, und mir gefällt, wie gesagt, die Mischung der Frauen, über die hier berichtet wird. Aber auch der Innenteil ist von der visuellen Gestaltung her maximal unangenehm. Die ganzseitigen Porträts mögen originell sein, der Stil gefällt mir aber überhaupt nicht und die Ähnlichkeit zu den jeweiligen Frauen ist erschreckend wenig gegeben. Gerade das Bild der Kaiserin Elisabeth mutet wie eine nicht sonderliche gelungene KI-Version an, außerdem sah man die Kaiserin nie so lächeln. In diesem Bild paßt einfach nichts, das wirkt wie eine zuckrige Disney-Version Elisabeths und erinnerte mich außerdem eher an Bully Herbig als "Sissi" und nicht an die tatsächliche Kaiserin Elisabeth. Auch Frau Nöstlinger hätte ich niemals erkannt. In den Textbereichen setzt sich die aggressive große und fette Schrift fort. Das gesamte Layout wirkt aggressiv.

Idee gut, Umsetzung kreativ, aber in jeder Hinsicht absolut nicht mein Geschmack.