Das Inferno von Waco, das fiktive Davor und eine Liebesgeschichte mit Protagonisten beider Seiten

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1993, das Inferno von Waco, das Aufeinanderprallen einer kleinen Sekte und der Staatsgewalt, es endete, nach 51-tägiger Belagerung, bei der Stürmung des Geländes, mit einer Feuersbrunst. 85 Sektenmitglieder inkl. deren Anführer starben, nur 9 überlebten.
Von diesem Waco erzählt diese Geschichte. Sie ist an sich fiktiv, mit abgeänderten Namen, hält sich aber möglichst authentisch an die wahren Begebenheiten des unfassbaren Geschehens. Und in erster Linie geht es um Menschen, mit dem Fokus auf zwei Jugendlichen, Jaye und Roy, sie sich zufällig begegnen und langsam einander nähern. Jaye, deren Mutter sich gerade erst der sich hier angesiedelten Sektengemeinschaft angeschlossen hat und Roy, der Sohn des örtlichen Sheriffs, zwei absolut unterschiedliche Welten, auch als Belastung, mit im Gepäck, sie finden Gefallen aneinander und erleben die Anziehungskraft einer ersten Liebe. Sie beide erzählen abwechselnd von ihrem Erleben der Abläufe vor Ort und vor allem von ihren Empfindungen rund um ihr Leben. Jaye hat Probleme, sich in die Wahl ihrer Mutter und der geforderten Indoktrination durch die Sekte einzufinden und Roy, er hat unter anderem mit den authoritären Vorgaben seines Vaters zu kämpfen. Aber da ist natürlich noch sehr viel mehr. Man erfährt das ganze Spektrum der Gefühle, das den Menschen in ihrer Sektenenklave widerfährt, das langsame Aufschaukeln zwischen den beiden Formen der Macht und Gewalt und schließlich die Eskalation.
Gut gemacht in seiner Verwebung von Innen und Außen, von Fakten und Fiktion und dazu zwei junge Menschen, mittendrin und doch in einer Blase der ersten Liebe, die es nicht so richtig schafft. Und als besonders Stilmittel eingefügt, die Podcastsequenzen aus dem Heute, mit Erinnerungen von Menschen beider Seiten, das hat schon eine besonders intensive Note.
Ein interessantes gutes Buch über dieses umstrittene Kapitel der amerikanischen Geschichte wird hier vorgelegt, das aus einem Fakt so viel mehr macht, gerade wenn man vorher nicht viel über Waco wusste. Da bleibt die eigene Recherche nicht aus. Und über die Mechanismen, die hier ineinander gegriffen haben, wie eins zum anderen führte, ein bisschen hat mich die Realität emotional mehr berührt als Teile der Geschichte in seiner fiktiven Aufbereitung selbst. Aber das ist wohl auch nicht anders zu erwarten.