Eine tragische Geschichte

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ann-liest Avatar

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Zwei Teenager der frühen 1990er Jahre treffen sich in Texas und verlieben sich ineinander. Doch ihre Lebensumstände könnten kaum unterschiedlicher sein. Jaye folgte dem selbsternannten Sohn Gottes „Lamb“ aus Kalifornien zusammen mit ihrer überzeugten Mum nach Waco/Texas, um dort mit ihm und seiner Sekte auf einer Farm zu leben und sich auf die Apokalypse vorzubereiten. Roy ist der Sohn des Sheriffs von Waco, dessen Anliegen es ist, Lamb das Handwerk zu legen.

Die wahren Begebenheiten rund um David Koresh und seine Branch Davidians welche den Rahmen für diese fiktive Geschichte bilden, sind sicherlich noch vielen Menschen präsent, denn sie bilden ein tragisches Stück amerikanischer Geschichte.

Diese Tragik und Stimmung rund um die Razzia der Farm und die anschließende Belagerung weiß der Autor gekonnt umzusetzen und mit einer altersgerechten, zarten und doch unbeirrbaren Liebesgeschichte zu verweben.

Besonders gefallen haben mir die Charaktere, die mit all ihren Schwächen, Ecken und Kanten genau richtig, tiefgründig und spannend beschrieben wurden. Erzählt wird abwechselnd aus Roys und Jayes Perspektive, immer wieder unterbrochen durch kurze Einschübe von Interviews mit fiktiven Zeitzeugen, geführt in der Jetztzeit. Diese Mechanik hat uns als Leser beide Protagonisten sehr nahe gebracht und Einblicke in beide Seiten erlaubt.

Ebenso hat mich die Dynamik des Romans begeistert. Der Autor spielt hier stilistisch mit seinem Erzähltempo und passt etwa die Länge der Kapitel und den Wechsel zwischen den Perspektiven an die Handlung an. Kommt es zur Razzia geht alles Schlag auf Schlag, währen der Belagerung nimmt das Tempo deutlich ab. Ich mag solche stilistischen Spielereien, da sie positiv zum Erleben und zur Atmosphäre beitragen.

Mir hat dieser besondere Coming-of-age Roman sehr gut gefallen. Und auch wenn der Sektenführer hier nicht David heißt ist klar, um wen es geht. Die Möglichkeit, sich authentisches Bild- und Videomaterial aus Waco im Netz anzusehen, bildet hierbei noch einmal eine intensive Möglichkeit, sich in das Setting und die Umstände reinzufühlen.