Kein Weg aus der Eskalationsspirale heraus

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Der Roman „We burn daylight” von Bret Anthony Johnston hat einen wahren Kern: die fiktive Geschichte spielt in einem Setting, das es so tatsächlich gegeben hat: die Sekte der Branch Davidians in Waco, deren Belagerung durch das FBI und schließlich der ausgebrochene Brand, bei dem viele der Sektenmitglieder ums Leben kamen.

Vor diesem Hintergrund lernen wir die fiktiven Charaktere dieses Romans kennen: Jaye, ein Mädchen im Teenageralter, das mit seiner Mutter, die dem Sektenführer „Lamb“ und seiner Botschaft verfallen ist, nach Waco gezogen ist, selbst nicht viel von „Lamb“ hält, sich von der trostlosen, verfallenen Umgebung abgestoßen fühlt und am liebsten wieder nach Hause ziehen würde. Auf der anderen Seite Roy, der Sohn des örtlichen Sheriffs, der seinen älteren Bruder vermisst, der in einem fernen Krieg kämpft, zufällig Jaye kennen lernt und sich in sie verliebt. Aus diesen beiden Perspektiven werden die meisten Kapitel des Buches erzählt, ergänzt durch die nicht chronologisch abgebildeten Folgen eines Podcasts, in dem 30 Jahre später unterschiedlichste Personen zu den damaligen Vorfällen interviewt werden.

Die beiden Jugendlichen sind beide keine Anhänger des Sektenführers und sehen ihn, seine Botschaften und sein Verhalten sehr kritisch. Ihre Liebesgeschichte vor dem Hintergrund eines sich latent aufbauenden und verstärkenden Bedrohungsszenarios der Weltuntergangsfantasien der Sekte kombiniert mit der beginnenden Belagerung bildet den Kern dieses Buches. Durch die beiden Jugendlichen erfahren wir also nicht viel darüber, warum Menschen einer Sekte verfallen, dies kommt nur als Außenperspektive über manche der Interviewten im Podcast sowie über den Blick Jayes auf ihre Mutter als Thema in das Buch hinein.

Das Buch beschäftigt sich also durchaus auch mit der Dynamik von Sekten und Kulten, aber nicht nur. Es geht auch um die Angemessenheit oder Unangemessenheit staatlicher Interventionen bis zu Gewalt und um sich aufbauende Eskalationsszenarien, aus denen keine Seite mehr einen guten Ausweg findet. Über viele Seiten passiert im Buch vordergründig nicht viel, während die Lage im Hintergrund zunehmend eskaliert und die Lesenden insbesondere durch die Informationen aus dem Podcast einen tragischen Ausgang befürchten und mit den Jugendlichen zittern. Gegliedert ist das Buch in kurze Kapitel, die sich grundsätzlich schnell lesen, auch wenn es zwischendurch einige Längen gab. Insgesamt ist es ein gut geschriebenes Buch, das ich allen an dieser Thematik Interessierten durchaus empfehlen kann.