Schwache und wenig authentische Liebesgeschichte

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In Waco, Texas, starben 1993 76 Mitglieder der Sekte Branch Davidians bei der Erstürmung ihrer Siedlung Mount Carmel durch das FBI und anderen Bundesbehörden. Darunter nicht nur der Sektenanführer, sondern auch schwangere Frauen und Kinder. Vorausgegangen war eine 51-tägige Belagerung der Siedlung, nachdem sich die Gruppe verschanzt und sich mit Waffengewalt gegen eine Durchsuchung ihres Geländes zur Wehr gesetzt hatte.

Aus diesem amerikanischen Stoff macht der preisgekrönte Bestseller Autor Bret Anthony Johnston mit seinem zweiten Roman einen fesselnden „literarischen Pageturner“.
Ich würde die Geschichte irgendwo zwischen Abenteuerroman und lauwarmer Liebesgeschichte einordnen.

Johnston hat eine interessante und spannende Romanstruktur gewählt: Zwischen einzelnen aktuellen Podcast-Interviews mit Zeitzeug*innen im Jahr 2024, lässt er auf einer anderen Zeitschiene 1993 seine beiden Figuren Roy und Jaye die damaligen Ereignisse in Waco aus ihrer Perspektive erzählen.
Roy ist der 14-jährige Sohn des ortsansässigen Sheriffs von Waco, und Jaye eine Teenagerin, die mit ihrer Mutter nach Texas gekommen ist, um sich dem Sektenführer „Lamb“ anzuschließen.
Die beiden bilden das Liebespaar, mit dem der Roman als „moderne Romeo und Julia Geschichte“ beworben wird.
Die Figuren und die Handlung sind komplett fiktiv, basieren aber auf den historischen Abläufe der Belagerung und der Erstürmung des Geländes. Johnston stellt die Frage, warum dabei so viele Menschen unnötig sterben mussten.

Die fast 500 Seiten lese ich schnell weg, wie gesagt ein Pageturner, und sie veranlassen mich dazu, zu den tatsächlichen Ereignissen zu recherchieren. Allerdings bleibt der Roman hinter meinen Erwartungen zurück. Johnston konzentriert sich mehr auf eine spannende Geschichte mit ein paar Überraschungen als auf die psychologischen Hintergründe seiner Figuren. Wie die Mechanismen in der Sekte rund um ihren Anführer funktionieren, wird leider kaum herausgearbeitet und auch die beschworene Liebesgeschichte bleibt für mich emotional sehr blass und wenig authentisch.

Von daher war „We burn Daylight“ für mich vielmehr ein tendenziell schwaches „nice to read“ als „must read“