Verloren in Texas

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jennyreads Avatar

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We Burn Daylight hat mich mit seiner ruhigen, aber sehr intensiven Art wirklich beeindruckt. Die Geschichte spielt Anfang der 90er in Texas und lehnt sich spürbar an die reale Tragödie von Waco an. Im Mittelpunkt stehen zwei Jugendliche, Jaye und Roy, die aus ganz unterschiedlichen Welten kommen und doch sofort eine besondere Verbindung zueinander spüren.

Jaye lebt mit ihrer Mutter auf der Ranch eines religiösen Führers, der sich selbst als Messias sieht. Sie bleibt kritisch, will eigentlich nur zurück nach Kalifornien, raus aus dieser seltsamen Welt. Roy ist der Sohn des örtlichen Sheriffs und ahnt zunächst gar nicht, in was Jaye hineingezogen wurde. Zwischen den beiden entwickelt sich eine stille, sehr berührende Liebesgeschichte: eine, die ganz ohne Kitsch auskommt und umso glaubwürdiger wirkt.

Was ich besonders mochte: Die Erzählweise ist abwechslungsreich. Neben den Kapiteln aus Jays und Roys Sicht gibt es Einschübe in Form von Podcast-Interviews, die Jahrzehnte später aufgenommen wurden. Diese Rückblicke geben der Geschichte Tiefe und zeigen, wie sehr die Ereignisse noch nachwirken.

Auch wenn das Buch nicht durchgehend hohes Tempo hat, war ich gefesselt. Die Stimmung ist oft bedrückend, manchmal fast hoffnungslos, aber es gibt auch Momente von Zärtlichkeit und Mut. Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass die Dynamik innerhalb der Sekte noch etwas genauer gezeigt wird, da bleibt manches etwas vage. Trotzdem hat mich der Roman bewegt.

Es ist ein leises, aber eindrucksvolles Buch über Kontrolle, Glaube, Zweifel und den Versuch, sich selbst treu zu bleiben. Und über zwei junge Menschen, die einander Halt geben, während um sie herum alles aus den Fugen gerät.