Zwischen Liebe, Kontrolle und dem Drang zur Freiheit

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„We Burn Daylight“ von Bret Anthony Johnston ist ein Roman, der sich nicht nur mit einer intensiven Liebesgeschichte beschäftigt, sondern auch tief in die Abgründe religiöser Manipulation und die Mechanismen von Kontrolle eintaucht. Was zunächst wie eine klassische Romeo-und-Julia-Erzählung beginnt, entwickelt sich schnell zu einer hochspannenden und vielschichtigen Auseinandersetzung mit Machtstrukturen, Unterdrückung und dem inneren Kampf zwischen Zugehörigkeit und Selbstbestimmung.

Das Buch ist beeindruckend in seiner atmosphärischen Dichte. Johnston versteht es meisterhaft, die beklemmende Stimmung innerhalb der Sekte und den bedrohlichen Einfluss von Lamb greifbar zu machen. Besonders Jaye ist eine herausragende Protagonistin. Ihre innere Zerrissenheit zwischen der Liebe zu ihrer Mutter und dem Wunsch, sich aus Lambs Einfluss zu befreien, ist glaubhaft und emotional intensiv. Ihre vorsichtige Annäherung an Roy gibt der Geschichte eine zarte und zugleich kraftvolle Note. Roys Unwissenheit über die wahre Natur von Jayes Zuhause verstärkt die Spannung, denn als Leser weiß man bereits, dass dieses Geheimnis nicht ewig verborgen bleiben kann...

Was „We Burn Daylight“ besonders macht, ist die kluge Art, in der es historische Realität mit erzählerischer Fiktion verbindet. Die Tragödie von Waco 1993 ist ein düsterer Hintergrund, der dem Roman eine zusätzliche Schwere verleiht und immer mitschwingt. Gerade in Zeiten, in denen manipulative Gruppendynamiken und Sektenstrukturen weiterhin aktuelle Themen sind, gewinnt das Buch zusätzlich an Relevanz!

Wenn man es mit anderen Werken vergleicht, erinnert es in manchen Momenten an Emma Cline’s „The Girls“. Besonders in der Art, wie die Psychologie einer sektenähnlichen Gruppierung beleuchtet wird. Doch Johnston geht einen anderen Weg: Anstatt sich auf die Anziehungskraft solcher Gruppen zu konzentrieren, stellt er viel mehr die destruktiven Folgen dieser Manipulation ins Zentrum. Das macht den Roman besonders eindrucksvoll, wie ich finde.

Kritisch betrachtet hätte die Geschichte stellenweise noch tiefer in die Dynamik der Sekte eintauchen können. Zwar wird Lamb als charismatischer, gefährlicher Anführer überzeugend dargestellt, doch einige Nebenfiguren innerhalb der Gemeinschaft bleiben eher schemenhaft. Ein detaillierterer Blick auf die verschiedenen Persönlichkeiten in der Sekte hätte der Geschichte bestimmt noch mehr Tiefe verliehen.

Insgesamt ist „We Burn Daylight“ ein spannungsgeladener, emotional intensiver Roman, der die Grenzen zwischen Liebe, Manipulation und Freiheit auslotet. Eine klare Empfehlung für alle, die sich für starke Charaktere, psychologisch tiefgehende Geschichten und erschütternde gesellschaftliche Themen interessieren. Johnston schafft es, ein brennend aktuelles Thema mit einer fesselnden Erzählweise zu verbinden. Ein Buch, das lange nachhallt und definitiv lesenswert ist!