Zwischen zwei Welten – 'Weiße Wolken' und die Suche nach Identität

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"Weiße Wolken" ist ein Buch, das zu polarisieren weiß, bevor man auch nur den Rücken des Buches berührt hat. Es schildert die Familiengeschichte zweier gemischter Herkunft, die sich in den Verstrickungen von Rassismus und Identitätssuche verfangen. Es ist ein Roman, der sich dem Anschein nach nicht vor kontroversen Themen verschließen möchte.

Von Anfang an wird der Leser in eine Welt geworfen, in der sich das idyllische Bild der Familie schnell als Trugbild entpuppt. Die Schwierigkeiten des Mutterseins, gemischt mit der dichotomischen Erfahrung des Schwarzseins in Europa – speziell in einer Stadt wie Frankfurt – werden schlicht und ergreifend aufgezeigt.

Dann der jähe Tod des Vaters, ein Wendepunkt, der die Schwestern nach Senegal treibt, den Ort, der Teil ihrer Wurzeln aber ihnen so unbekannt ist. Das Nicht-Besuchen des Heimatlandes des Vaters über vier Jahrzehnte hinweg mag für manche ein schwer nachvollziehbares Detail sein, doch ist es nicht ungewöhnlich, dass Einwanderer vom Heimweh sprechen, ohne zurückzukehren.

Die Darstellung der gemischten Identität als nusu nusu – halb und halb – birgt die Gefahr, dass die individuelle Komplexität jedes Menschen simplifiziert wird. Die Kritik an der Unterschlagung des weißen Teils der Identität, exemplifiziert an öffentlichen Figuren wie Obama, zeigt auf, wie tief der Kampf um Anerkennung verläuft.

Doch es ist nicht allein die Thematik, die für Stoff zum Nachdenken sorgt. Die Leseprobe konfrontiert den Leser mit einer Vielzahl von Vorurteilen, die gerade in ihrer Offenheit schwer zu verdauen sind. Es erhebt sich die Frage: Gelingt es dem Roman, über diese Stereotypen hinauszugehen und eine Geschichte zu erzählen, die sowohl aufklärt als auch unterhält?

Poesie kann ein machtvolles Werkzeug sein, doch wie bei jedem Stil kommt es darauf an, wie er umarmt wird. Hier erscheint die poetische Sprache einigen als Schleier, der die Realitäten verschönert oder verschleiert, anstatt sie offenzulegen.

"Weiße Wolken" mag für manche eine literarische Entdeckung sein, die bestrebt ist, eine überzählte Perspektive in das Licht der Öffentlichkeit zu rücken. Für andere jedoch umschließt der Schreibstil nicht die nötige Authentizität oder Tiefe, um als überzeugend empfunden zu werden – eine Trennlinie, die jeden potenziellen Leser zu einer eigenen Auseinandersetzung zwingt. Ob die Lektüre eine Bereicherung oder eine Enttäuschung darstellt, mag wie so oft im Auge des Betrachters liegen.