Braune Küchen, klare Seen – ein Hochzeitsidyll voller Risse

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Der Einstieg wirkt zugleich komisch und beklemmend: Das Haus der Margolis in Montana ist alles andere als eine leuchtende Sommerresidenz, sondern eine muffige, überladene Kulisse in Braun. Fast grotesk wirken die Detailaufzählungen, als wolle die Erzählung jede romantische Vorstellung gleich im Keim ersticken. Und doch: Kaum tritt Cece hinaus in den Garten, zwischen Apfel- und Kirschbäume, verschiebt sich der Tonfall – plötzlich öffnet sich eine fast märchenhafte Gegenwelt, ein Ort, der sie in eine „prädigitale Zeit“ zurückversetzt. Genau in dieser Spannung entfaltet sich die Figur: Cece liebt leidenschaftlich, spielt mit Sprache, erfindet kleine Maximen, sucht nach Schönheit, doch immer wieder blitzt ein Moment der Unsicherheit auf. Die gelöschten Sätze in der Mail an Charlie, die Ausrede mit dem Caterer, die leise Panik, wenn sie allein ist – sie zeigen eine Frau, die zwischen Euphorie und Selbstzweifel schwankt.

Mit Garrett tritt ein Gegengewicht auf die Bühne: griesgrämig, abweisend, ein Mann, der nicht von Leichtigkeit spricht, sondern vom Untergang. Wo Cece im See Schönheit und Tiefe erkennt, sieht er nur einen Friedhof. Der Kontrast könnte schärfer kaum sein, und die Tatsache, dass Charlie diesen Mann nicht nur mag, sondern verehrt, lässt die erste Irritation in das Bild des Verlobten einsickern. Überhaupt kippt die Natur immer wieder vom Idyll ins Bedrohliche: Fischadler, die Fische schlagen, Weißkopfseeadler, die Brut zerstören, der klare See als doppeldeutiges Symbol. Alles Schöne ist hier von Rissen durchzogen, alles Festliche vom Unterton des Bruchs.

Der Stil spielt geschickt zwischen Satire und Poesie, zwischen grotesk-komischer Detailfreude (die Küche, der monströse Toaster) und lyrischen Bildern von Bergen und Bäumen. Der Romananfang verspricht kein klassisches Hochzeitsidyll, sondern vielmehr ein Vexierbild: eine Welt, die gleichzeitig schimmert und bröckelt.

Mir hat dieser Einstieg sehr gut gefallen!