Nicht laut, dafür emotional tief

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noiram Avatar

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Weisses Licht ist diese Art von Buch, bei dem man merkt: Hier hat jemand nicht nur eine Geschichte erzählt, sondern ein komplexes Gefüge aus Schicksalen mit großer Sorgfalt aufgebaut. Es ist ein großer amerikanischer Familienroman, ja, aber er fühlt sich so intim und persönlich an.
​Die zentralen Figuren – Garret, Charlie und Cece – sind unglaublich gut gezeichnet. Man taucht sofort ein in dieses Geflecht aus alter Freundschaft, ungesagten Wahrheiten und der Frage, was Loyalität eigentlich bedeutet. Mich hat besonders fasziniert, wie Puchner den Verrat inszeniert. Es ist kein lautes Drama, sondern ein schleichender Prozess, der die Wurzeln der Charaktere angreift und sich über die Generationen hinweg auswirkt. Man versteht jeden einzelnen Fehler und jede Sehnsucht, die diese Menschen antreibt.
​Garret, der gebrochene Held, der in der Wildnis Montanas feststeckt und Cece, die kurz vor ihrer Hochzeit merkt, dass ihr Leben vielleicht eine komplette Fehlentscheidung war – diese beiden Charaktere tragen eine unglaubliche emotionale Wucht. Die zarten Momente zwischen ihnen haben mich wirklich berührt, weil sie so realistisch und unperfekt sind.
​Und dann diese Kulisse: Montana, die majestätische, aber verwundete Natur, die immer wieder von Bränden bedroht wird. Das ist so viel mehr als nur Hintergrund. Es ist ein starkes, melancholisches Echo auf das Chaos im Inneren der Figuren. Puchner verwebt die gesellschaftlichen Themen – Klimawandel, der Zerfall bürgerlicher Träume – intelligent und unaufdringlich mit der privaten Tragödie.
​Der Stil ist elegant und klar, aber mit einer emotionalen Tiefe, die einen packt und nicht mehr loslässt. Es ist keine leichte Lektüre, aber eine unglaublich lohnende. Wer große Romane schätzt, die lange nach dem Lesen zum Nachdenken anregen und bei denen man die Figuren vermisst, der kommt an Weißes Licht nicht vorbei.