Mord in Finnland

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In "Weißglut", dem neuen Roman von Tobias Quast, spielt kein Kommissar oder ähnliches die Hauptrolle. Die Protagonisten sind zum einen Sarah, die durch ihre Heirat mit wohlhabenden Männern zu einer Berühmtheit geworden ist, und aus Angst vor einem Skandal von München nach Finnland flüchtet. Dort quartiert sie sich bei ihrer Ankunft versehentlich in einem falschen Ferienhaus ein, und entdeckt prompt die Leiche des eigentlichen Besitzers: Matti, das Walross. Die zweite wesentliche Figur des Romans ist Onni, der seine Doktorarbeit abbricht, um sich einem anderen Themengebiet zuzuwenden. Dass wenig Aussicht auf Erfolg besteht, kümmert ihn nicht. Seine Recherchen führen ihn geradewegs auf die Spur einer Statur, die er in der Nähe von Helsinki zu finden hofft. Dass bereits Matti wegen dieser Statur hat sterben müssen, ahnt er nicht.
"Weißglut" ist kein Krimi bei dem der Leser vor lauter Nervenkitzel atemlos Seite um Seite umschlägt, im Grunde kommt die Geschichte sogar gänzlich ohne Spannung aus. Womit ansonsten die Handlung vorangetrieben wird, kann ich kaum sagen, denn irgendwie passiert häufig nichts. Beide Figuren benötigen mehrere Kapitel, um zum eigentlichen Schauplatz des Buches zu gelangen, und nach dem Fund der Leiche kommen die Ermittlungen nur langsam voran. Es gibt kaum neue Hinweise, bereits Erwähntes wird oftmals wiederholt. Jedoch will ich nicht behaupten, mich jemals gelangweilt zu haben. Tobias Quast hat mich mit seiner Geschichte angenehm eingelullt. Mit kurzen und knappen Sätzen schafft er sozusagen eine Bühne für seine Figuren, auf der sie sich nach Lust und Laune bewegen können, ohne sich allzu sehr an ein Drehbuch halten zu müssen. Nicht immer agieren sie plausibel. Dass Sarah derart in Mordverdacht gerät, halte ich für unwahrscheinlich. Dass sie ihre einzige Chance für den Beweis ihrer Unschuld darin sieht, den Mörder auf eigene Faust zu fassen, ist kaum nachvollziehbar.
Hin und wieder lässt der Autor die finnische Lebensart in den Text einfließen, was womöglich aus Quasts eigener Erfahrung resultiert - Finnische Sauna, Lakritz und Bären sind hierfür einige Stichwörter. Die Atmosphäre ist gut beschrieben, man hat bisweilen wirklich das Gefühl, sich an einem finnischen See zu befinden.
Im Vorhinein habe ich nur geringe Ansprüche an dieses Buch gestellt, doch insgesamt hat es mir besser gefallen, als erwartet. Für Leser, die in einem Kriminalroman keine atemlose Spannung benötigen, nicht von Leiche zu Leiche, von Hinweis zu Hinweis gehetzt werden wollen, ist "Weißglut" genau das Richtige.