Sehr ruhige Geschichte über ältere Protagonist/innen, die noch längst nicht ihr Leben hinter sich haben

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Das Buch beginnt direkt am Sterbebett von Charlottes Mann. 50 Jahre lang waren sie verheiratet und Charlotte wohnt nun alleine im großen Haus in Hamburg. Nach so vielen Jahren steht Charlotte nun wieder alleine in ihrem Leben und fragt sich, für was oder wen sie die verbleibende Zeit nutzen will. Neben der Beziehung zu ihren zwei unterschiedlichen Kindern und ihrem Bruder, spielen auch noch weitere Frauen eine Rolle in ihrem Leben und im Buch. Ihre Freundin Sabine trauert immer noch ihrer großen Liebe hinterher und ist doch sehr bedacht auf körperliche Nähe. Charlottes Schwester Gesine ist Alkoholikerin und in einer unglücklichen Beziehung gefangen. Und dann taucht noch die Dänin Bente auf, eine Freundin Charlottes aus längst vergangenen Zeiten.

Vielmehr als um Charlottes Trauer um ihren verstorbenen Mann geht es darum, wie sie nun die letzten Jahre ihres Lebens verbringen will. Wie andere, z. B. ihre beiden Kinder, sie sehen und erleben, trifft auf Wünsche und Träume, die sie als junge Frau hatte. Natürlich spielt dabei für alle Protagonisten auch ihre Vergangenheit eine große Rolle. Wir Leser/innen erfahren, wie Charlotte, ihre Schwester Gesine, der Bruder und ihre beste Freundin Sabine aufgewachsen sind und was sie geprägt haben. Darin zeigt sich, wie sich die älteren Personen entwickelt haben und wie ihre Beziehungen zueinander wirken. Vor allem darf man hier trotz des fortgeschrittenen Alters der Protagonistinnen keine altbackenen Charaktere erwarten. Charlotte ist mit ihren 71 Jahren zum Beispiel noch sehr sportlich und fährt mehrmals in der Woche mit ihrem Kajak, von altersbedingten Schmerzen keine Spur. Und Gesine ist trotz der Auswirkungen ihres Alkoholkonsums noch sehr aktiv in einer Kulturstiftung, wo sie nicht nur mit Vorurteilen wegen ihres Alters konfrontiert wird, sondern sich auch als Frau beweisen muss.

Der Autor hat die Geschichte sehr flüssig geschrieben. Auch durch die oft wechselnden Perspektiven der Protagonistinnen wird die Geschichte nicht langweilig. Somit rauscht man durch die Geschichte, leider jedoch ohne eine der Protagonistinnen emotional näher zu kommen. Das Geschriebene geht oft wenig in die Tiefe und liest sich eher dumpf. Manchmal hab ich mich gefragt, wie sich eine Protagonistin fühlt, was sie über etwas denkt oder warum sie überhaupt tut, was sie tut. Ich hätte mir einen tieferen Einblick in deren Gefühlswelt gewünscht.



Fazit:
„Weite Sicht“ erzählt die Geschichte vier jung gebliebenen Frauen um die 70 und über deren Wünsche, Vergangenheit und natürlich auch Liebe. Der Autor hat einen kurzweiligen Roman mit einem umfassenden Bild der Protagonistinnen geschaffen, wobei deren Gefühle für mich manchmal auf der Strecke blieben.