Die reiche Anna und die arme Marie

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wilde hummel 1 Avatar

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Vorweg: leider hat das Buch mich etwas enttäuscht. Wenn man nicht wüsste, dass Constanze Neumann hier viel Autobiografisches hineingewoben hat, würde der Roman noch deutlich flacher und weniger beeindruckend sein. Die Biografien der beiden Frauen sind gegensätzlich. Während Anna im Großbürgertum mit all seinen Normen, Werten und Zwängen lebt, ist Marie ein Kind aus der Arbeiterschicht mit allen sozialen Nöten und deutlich ungeschützter als Anna. Und dann gibt es da noch 'das Schwarze Schaf' Heinrich, der sich nicht einfügen möchte und das Leben, die Lust und das Spiel sucht. Marie soll ihn wohl an die Leine nehmen und möglichst weit verschwinden (nach Amerika). Die historische Einbettung der beiden Lebenswege beginnt mit Anna 1864 und endet mit Marie 1957. Wir haben also die Breite zweier Weltkriege, den Verfall des Kaiserreichs, die Verfolgung von Juden, den Zerfall von Familien usw. als Grundlagen, aber leider wird im Roman nur sehr nüchtern, unpersönlich und distanziert berichtet, so dass dem Buch ein wenig Tiefe fehlt. Beide Frauen und ihr Bezug zur Zeit sind mir irgendwie fremd geblieben. Ein vorweg gestellter Stammbaum wäre auch hilfreich gewesen. Ich konnte das Buch gut lesen, es floss so vor sich hin, grub sich aber nicht ein.