Ein ständiges Auf und Ab im Leben

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heidi59 Avatar

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Anna Reichenheim wächst zusammen mit ihren Brüdern als wohlbehütete Tochter eines jüdischen Tuchhändler auf . Im Gegensatz zu ihren Brüdern liebt sie es wenn der Vater sie ins Kontor mitnimmt und ihr alles über die Stoffherstellung erzählt . Anna würde nur zu gerne in die Fußstapfen des Vaters treten und später einmal die Fabrik übernehmen. Leider zu der Zeit kein Thema für eine Frau. Den Part wird wohl später einmal ihr Ehemann übernehmen , während ihre Rolle klar definiert in der Führung des Haushalt, sowie bei der Erziehung der Kinder liegt .

Als 1881 Sohn Heinrich zur Welt kommt , setzt Anna große Hoffnung in ihren Erstgeborenen. Er soll einmal die Firma in ihrem Sinne weiterführen . Doch Heinrich kümmert sich nicht um die Wünsche und Erwartungen, die seine Mutter in ihn gesetzt hat . Er lebt sein Leben als gäbe es kein Morgen und kein Limit beim Geld ausgeben. Bald kennt man ihn in jeder Bar und jeden Spielkasino der Umgebung ian dessen Spieltischen er sein Erbe mit den Damen der Gesellschaft verprasst.

Heinrich erliegt trotz elterlicher Repressalien den Verlockungen des Berliner Nachtleben und lernt die Garderobiere Marie kennen. Er verliebt sich auf den ersten Blick in die couragierte junge Frau , die selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommt. Im Gegensatz zu seiner Mutter, die Marie nicht akzeptieren kann und will , ist Heinrich beeindruckt von ihr.

Ohne die Zustimmung seiner Eltern heiraten Heinrich und Marie und suchen in Amerika ihr Glück , bis der erste Weltkrieg die Männer der deutschen Kolonie am Eriesee , zu den Waffen ruft .

Marie folgt ihrem Mann trotz reiflicher Überlegung nach Deutschland aber Anna Reichenheim schließt beide weiterhin aus der Familie aus . Sie will nichts mit Marie zu tun haben ist regelrecht verbiestert wegen ihr , ohne auch nur einmal Heinrichs Frau kennengelernt oder mit ihr gesprochen zu haben. Selbst die Schatten der Weltwirtschaftskrise und der aufkommende Nationalsozialismus mit seinen verheerenden Folgen für Heinrichs fast mittellose Familie , erreichen nicht das versteinertes Herz von Anna Reichenheim. 1932 stirbt sie , ohne sich mit ihrem Sohn versöhnt zu haben . Während Annas Kinder aus Deutschland vor den Nationalsozialisten fliehen oder vertrieben werden , bleiben Heinrich und Marie mittellos zurück in Deutschland . Wieder einmal mehr ist es Marie , die ihn stützt und der Familie das Überleben sichert .



Constanze Neumann hat mit ihrem Roman „Wellenflug“ ein beeindruckendes , sowie opulentes Porträt ihrer Familie aufgezeichnet.

Auf der Suche nach ihrer Geschichte begegneten ihr viele Bilder und Chroniken, die sie Peux a peux zu ihrer eigenen, berührenden Familiengeschichte führen.

Feinfühlig erzählt sie im ersten Teil das Schicksal von Anna Reichenheim ,

die von 1864 - 1905 mit straffen Zügeln das Schicksal der Familie lenkt .

Von 1905 - 1957 führen die Erzählungen zu Marie Reichenheim, einer eindrucksvollen jungen Frau , die trotz aller Anstrengungen und Stärke die sie zeigte, um die Familie zu schützen,nie die Anerkennung bekommen hat , die ihr eigentlich zugestanden hätte . Mit Marie habe ich so einige Male gelitten . Sie war für mich diejenige, welche die Familiengeschichte durch die Zeit getragen und geprägt hat . Eine großartige Persönlichkeit.

Die Autorin brauchte für diese Geschichte nicht nach den passenden Protagonisten oder ihren Charakteren zu suchen . Dies hatte das reale Leben schon vorab für sie erledigt . Constanze Neumann hat der Geschichte ihrer Familie mit den Protagonisten von Anna und Marie einen wunderbaren, bildlichen Rahmen gegeben . Einfühlsam, leise und doch sehr eindrucksvoll führt sie ihre Leser mitten rein in das Leben ihrer sehr bildlichen dargestellten Protagonisten , die sich schnell in mein Leserherz eingeschlichen und deren Geschichten mich begeistert haben .

Zwei starke Frauen , zwei verschiedene Leben reich an Liebe und auch an Verlust, verbunden in einer Familie , in einem Jahrhundert voller Extreme .

Wenn es noch einen bildlich dargestellten Stammbaum zu der Familie gegeben hätte , wäre die Erzählung für mich perfekt verarbeitet , zu einem wunderbaren, außergewöhnlich schönen Roman .



Von mir gibt es eine ganz klare Leseempfehlung und gute



5 Sterne *****