wunderbare und doch traurige Familiengeschichte

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leseratte61 Avatar

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Inhalt:
Als ihr Sohn Heinrich 1881 zur Welt kommt, setzt Anna Reichenheim große Hoffnungen auf diesen Erstgeborenen. Doch Heinrich schert sich nicht um die Konventionen seiner großbürgerlichen jüdischen Familie. Er erliegt den Verlockungen des Berliner Nachtlebens und verliebt sich in die ganz gewöhnliche Marie, die seine Mutter nicht akzeptieren kann. Gemeinsam suchen Heinrich und Marie in den USA ihr Glück, bis der Erste Weltkrieg sie zurück nach Deutschland holt. Sie bleiben ausgeschlossen aus der Familie, auch als die Schatten der Weltwirtschaftskrise und des aufkommenden Nationalsozialismus sich über das Land legen. Anna stirbt 1932 unversöhnt mit Heinrich, nicht ahnend, was ihrer Familie bevorsteht. Während seine Geschwister fliehen oder vertrieben werden, bleibt Heinrich in Deutschland zurück. Wieder ist es Marie, die ihm Halt gibt, als sie ums Überleben kämpfen.

Fazit:
Im ersten Teil des Buches handelt es sich um die Geschichte von Anna, die mir als junges Mädchen schnell sympathisch war. Allerdings verliert sie im Laufe der Handlung für mich irgendwie den Schwung, da sie heiratet und sich nur noch um die Familie und gesellschaftliche Verpflichtungen kümmert. Der Ruf der Familie steht immer in ihrem Fokus und sie sieht ihn immer gefährdet. Als ihr Sohn Heinrich sich dann auflehnt und auch noch in die Fußstapfen seinen Onkels tritt, straft ihn Anna mit unglaublicher Härte. Diese Strenge hat mich irgendwie richtig mitgenommen, war damals allerdings gesellschaftlich akzeptiert. Die Familie verbannt Heinrich schließlich nach New York, da er sich nicht bessern will. Was hat Heinrich getan? Das lest bitte selbst.

Im zweiten Teil des Buches lernen wir Marie und ihr leben genauer kennen. sie stammt aus anderen Verhältnissen als Anna und ihr Sohn Heinrich und ist wegen besserer Chancen vom Lande nach Berlin gezogen. Jetzt arbeitet sie als Garderobiere, als sie Heinrich begegnet. Marie und Heinrich verlieben sich ineinander und dies ist Heinrichs Familie gar nicht recht, da Marie doch nicht zu ihrem Stand gehört. Wieder einmal lehnt sich Heinrich gegen seine Familie auf. Gemeinsam mit Marie baut er sich schließlich in New York ein neues Leben auf, da Marie daran glaubt, dass er sich bessern kann. Ob ihm das gelingt?

Der Autorin ist es gelungen mich mit auf die Reise zu nehmen und recht intensiv diese Familientragödie zu erleben. Durch den flüssigen und prägnanten Schreibstil war ich schnell von der Handlung gefesselt und die Seiten flogen recht schnell dahin. Sie zeichnete das Leben der Frauen authentisch und empathisch nach.

Auch wenn ich stellenweise Mitleid mit Anna hatte, konnte ich ihre unversöhnliche Haltung nicht wirklich verstehen. Ich habe gehofft, dass sie spätestens als der Nationalsozialismus ihre Familie bedrohte, versöhnlicher reagieren würde. Ihr Sohn litt sehr darunter und sein ganzes Leben wurde davon überschattet. Gut, dass ihm wenigstens Marie treu zur Seite steht und ihn immer wieder aufbaut.

Mir ging diese Geschichte ziemlich unter die Haut und sie hat mich nachdenklich zurückgelassen. Beide Frauen mussten viel ertragen und hätten sich gegenseitig Stütze sein können, doch sie fanden leider nie zueinander.

Die Familiengeschichte basiert auf wahren Begebenheiten und erstreckt sich über gut 100 Jahre. Ich habe den Roman gerne gelesen fühlte mich gut unterhalten und tief berührt, so dass ich eine Leseempfehlung vergebe.