Zwei Frauen, eine Familie

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brenda_wolf Avatar

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Constanze Neumann zeichnet mit „Wellenflug“ das Familienportrait ihrer Familie am Beispiel zweier ganz unterschiedlicher Frauen. Das Kapitel Anna umspannt die Jahre 1864 bis 1905, das Kapitel von Marie, der Schwiegertochter von Anna, von 1905 bis 1957.

Der Gedanke, zwei Frauen zu Darstellung der Familienchronik zu wählen, gefällt mir gut. Vor allem weil die Frauen aus zwei verschiedenen Schichten stammen, faszinieren die Erzählperspektiven. Was die Frauen verbindet ist Heinrich, Annas Sohn und Maries Ehemann.

Anna stammt aus einer wohlhabenden Tuchhändlersfamilie und hat in die großbürgerliche Familie Reichenheim eingeheiratet. Doch noch Annas Vater stammte aus ärmlichen jüdischen Verhältnissen, hat sich mit viel Fleiß hochgearbeitet und konnte so der Tochter den Aufstieg in ein besseres Leben bieten. Er hat seinen Namen Isak in Isidor geändert, genau wie Onkel Seelig sich nun Onkel Sigmund nannte, um sich anzupassen und in der Gesellschaft anzukommen. Später ist die komplette Familie Reichenheim sogar einen Schritt weiter gegangen und ist zum christlichen Glauben konvertiert.

Heinrichs Familie und insbesondere die Mutter, haben Marie nie akzeptiert. Selbst den kleinen Sohn wollte Anna nie kennenlernen. Und dabei war Marie, die Frau die Heinrich wieder auf den rechten Weg bringen konnte. Sie liebte Heinrich aufrichtig. Anna stirbt 1932 unversöhnt mit Heinrich.

Schon das Cover hat mich angesprochen. Diese wunderschöne Frau in Sepia. Der Schreibstil ist eher ruhig und unaufgeregt, liest sich wie ein gemächlicher Fluss. Und genau das ist mein einziger Kritikpunkt. Für meinen Geschmack, hätte dem Buch ein bisschen mehr Leidenschaft gutgetan. Sonst alles gut. Die Autorin führt uns in ein Berlin, dass sich zu einer Weltstadt zu entwickeln beginnt, nach Amerika und wieder zurück nach Dresden. Wir erleben zwei Weltkriege, den aufkommenden Judenhass und die Nazizeit. Wir nehmen Anteil an den Höhen und Tiefen einer Familie.

Fazit: Ein Stück Zeitgeschichte am Beispiel einer Familie, gut recherchiert und unaufgeregt erzählt. Unbedingt lesenswert