Zwei Frauen, zwei Epochen

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
emmmbeee Avatar

Von

Marie sind ihrer Schwiegermutter nie begegnet, weil sie keine standesgemäße Frau für Annas Sohn Heinrich ist. Zudem stammt sie aus ärmlichen Verhältnissen. Heinrich kann mit dem Geld seiner reichen Familie nicht umgehen, er spielt und hat viele Frauen. Als er verarmt und von den Seinen verstoßen wird, hält Marie als einzige zu ihrem Mann. Nach dem ersten Weltkrieg und der Weltwirtschaftskrise breitet sich der Nationalismus in Deutschland aus. Als Heinrichs jüdische Verwandtschaft flieht, bleibt Marie an seiner Seite und gibt ihm Halt.
Constanze Neumann versteht es, ein Bild der jeweiligen Zeiten, Orte und Milieus herzustellen, sodass die verschiedenen Handlungsweisen verständlich werden. Ich kann mir gut vorstellen, dass es genauso hätte sein können und dass es ähnliche Schicksale durchaus gegeben hat. Der Schreibstil ist flüssig und elegant, Neumann hält die Spannung bis zum Schluss.
Es gibt einige sympathische Figuren, vor allem Susanne und Marie, die nicht in den Konventionen verhaftet bleiben, sondern zu helfen und zu vermitteln versuchen.
Der Titel „Wellenflug“ scheint mir jedoch gesucht. Auf Seite 260 wird er in den Text eingebaut, wo Neumann das Karussell auf dem Rummelplatz als Vergleich zum Leben heranzieht. Das scheint mir ein bisschen wenig Bezug zu sein.
Das Foto auf dem Cover ist passend zur damaligen Zeit, allerdings wirkt es leblos und eher langweilig. Da hätte ich mir etwas Farbigeres gewünscht.
Insgesamt ein interessantes Zeitbild über mehrere Jahrzehnte, verkörpert durch zwei Frauen unterschiedlicher Herkunft.