Zwei Frauen - Zwei Schicksale

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Das Buch erzählt die Geschichte zweier Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten und doch viel gemeinsam haben.

Anna, Tochter eines aufstrebenden jüdischen Stoffhändlers, muss in ihrem Leben einige Schicksalsschläge verkraften. Obwohl sie sich als junges Mädchen sehr für die Geschäfte ihres Vaters interessiert, muss sie nach dem Tod ihrer Schwester als älteste Tochter der Mutter zur Hand gehen. Einblicke in die Geschäfte des Vaters bleiben ihr verwehrt, da dies für eine Frau im 19. Jahrhundert nicht üblich war. Sie heiratet in die Familie der Reichenheims ein, die zu den wohlhabenden Familien Berlins gehört. Ihr Mann Adolph stirbt überraschend und Anna heiratet nach einiger Zeit seinen Bruder Julius. Sie könnte ein glückliches Leben führen, aber ihr Sohn Heinrich verfällt der Spielsucht, zeigt keinerlei Interesse für einen angesehenen Beruf und verliebt sich in eine nicht standesgemäße Frau. Hierauf wird er von seinen Eltern nach Amerika geschickt, wo er wieder zur Vernunft kommen soll.

Marie wächst zusammen mit 12 Geschwistern und ihrer Mutter auf. Ihr Vater ist gestorben. Mit 20 macht sie sich aus der Nähe von Magdeburg auf nach Berlin wo sie Heinrich kennenlernt. Als dieser von seinen Eltern nach Amerika geschickt wird, verspricht er ihr, sie nachzuholen, was er auch tut. Marie und Heinrich heiraten und leben zusammen in den USA. Heinrichs Mutter akzeptiert dies nicht und will von der Schwiegertochter nichts wissen. Nach dem 1. Weltkrieg verschlägt es Marie und Heinrich zurück nach Berlin, aber auch hier bleiben sie aus der Familie ausgeschlossen. Marie und Heinrich bleiben kinderlos, was Marie schwer zu schaffen macht. Als sie herausfindet, dass Heinrich ein uneheliches Kind hat, das im Waisenhaus lebt, beschließt sie den Jungen zu sich zu nehmen. Als die Nazis an die Macht gelangen fliehen Heinrichs Geschwister aus Deutschland. Er aber beschließt zu bleiben und Marie bangt um die Zukunft ihres Mannes und ihres Sohnes.

Im ersten Teil bekommt der Leser die Geschichte aus Annas Perspektive geschildert, während der zweite Teil Maries Sichtweise der Dinge zeigt. Leider sind einige Passagen wie im Zeitraffer geschrieben und könnten etwas detaillierter beschrieben sein. Interessant finde ich, wie es der Autorin gelingt, dass man im ersten Teil mit Anna leidet als z.B. ihr Sohn Heinrich an eine Frau gerät, die nicht standesgemäß ist. Man erhält den Eindruck, dass man Heinrich helfen muss aus dem Sumpf der Spielsucht und der falschen Frauen loszukommen, die nur auf sein Geld aus sind, und versteht wie Anna sich in dieser Situation fühlt. Als dann dieser Teil der Geschichte aus Maries Sichtweise beschrieben wird, ändert sich das. Plötzlich erscheint Anna in einem völlig anderen Licht. Sie zeigt sich unversöhnlich und bis zu ihrem Tod und darüber hinaus, akzeptiert sie die Schwiegertochter nicht, obwohl diese schon viele Jahre mit Heinrich verheiratet ist.
Außerdem gelingt es der Autorin dem Leser ein Bild zu vermitteln, wie die Klassenunterschiede Ende des 19. / Anfang des 20. Jahrhunderts waren. Es existierte ein großes Arm/Reich Gefälle. Während Anna sich um Geld keine Gedanken machen muss, lebt Marie von der Hand in den Mund. Eine Vermischung der Klassen war nicht vorgesehen, man blieb unter sich. Die Konsequenzen, wenn man sich über diese ungeschriebenen Regeln hinwegsetzte, wird an der Ausgrenzung von Marie und Heinrich aus der Familie deutlich.

Ein durchweg gelungenes Buch über zwei starke Frauen und das auf und ab des Lebens.