Guter Reihenauftakt

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jiskett Avatar

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Nachdem ich schon die "Nach dem Sommer"-Trilogie gelesen und geliebt habe, war es klar, dass ich auch Stiefvaters neues Buch lesen würde. Ich hatte hohe Erwartungen - und "Wen der Rabe ruft" hat mich nicht enttäuscht, auch wenn die Geschichte nicht war, was ich erwartet hatte.

Das Konzept klang sehr interessant - ein Mädchen, das in einer Familie mit übernatürlich begabten Frauen aufwächst und selbst keine besonderen Fähigkeiten hat, dafür aber mit einer Prophezeiung lebt, sie würde ihre wahre Liebe durch einen Kuss töten... die Geschichte versprach fantasievoll und zugleich tragisch zu werden. Die Vorstellung, deinen Geliebten durch einen KUSS umzubringen, ist schrecklich schmerzhaft und die Autorin hat auch gut herausgearbeitet, wie Blue davon belastet ist.
In diesem ersten Band der Reihe geht es allerdings nicht wirklich um eine Liebesgeschichte. Blue lernt den Jungen kennen, aber die Romanze steht im Hintergrund. Wichtiger ist die Suche nach dem Grab des walisischen Rabenkönigs Glendower, die den Kern der Handlung bildet. Darum herum gibt es viele kleinere Erzählungen, verschiedene Ansätze von vielversprechenden Geschichten, die vermutlich in den Folgebänden alle zusammengeführt werden. "Wen der Rabe ruft" legt sozusagen den Grundstein für die künftigen Abenteuer der Protagonisten; dennoch ist das Buch nicht einfach nur eine lange, eventuell etwas langweilige Einführung. Auch hier passiert schon einiges und die Geschichte konnte mich auf jeden Fall fesseln.

Atmosphärisch ist das Buch sehr dicht, was am sehr guten Schreibstil der Autorin liegt. Die Grundstimmung ist etwas düster, was durch den 'Tod', der ständig im Raum steht, erklärt werden kann, aber nicht dunkel oder deprimierend. Einige Szenen waren für mich ein bisschen gruselig, aber sie passten zur Stimmung und definitiv in die Handlung.
Das bedeutet aber keinesfalls, dass "Wen der Rabe ruft" nur düster und traurig ist - im Gegenteil, es gab auch sehr lustige Momente. Es sind alle Emotionen dabei und Stiefvater gelingt es problemlos, sie ihren Leser fühlen zu lassen.

Auch die Charaktere (selbst die Nebenrollen) sind gut ausgearbeitet; nicht alle sind sympathisch, aber alle haben ihre Eigenarten, ihre Schwächen und ihre Stärken und mit jeder Figur konnte ich mich zu einem gewissen Grad identifizieren. Gerade die vier sehr unterschiedlichen "Raven Boys" haben es mir angetan.
Ich bin gespannt, welche Abenteuer sie in den nächsten Büchern erleben werden. Der Auftakt der Reihe selbst bekommt von mir 4 Sterne.