Wunderbare Herbstlektüre

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waterlilly Avatar

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Wer beim Namen Maggie Stiefvater „Nicht noch eine Geschichte über eine verbotene Liebesromanze“ aufstöhnt kann dieses Vorurteil getrost vergessen. Der Klappentext lässt zwar bekanntes Terrain vermuten – wenn Blue ihre wahre Liebe küsst, wird dieser dafür mit dem Leben bezahlen. Eines Tages trifft sie auf einen Jungen der ihr Interesse weckt.... - doch dieses Buch ist viel mehr und ganz anders als es auf den ersten Blick scheint.

Die 17-jährige Blue stammt aus einer Familie von Wahrsagern, verfügt jedoch selbst über keinerlei mediale Fähigkeiten. Bis ihr auf dem Friedhof plötzlich der Geist des Jungen Gansey erscheint – ein Vorbote für dessen nahenden Tod. Voller Furcht und Neugier führt sie eine Begegnung mit Gansey herbei und findet sich plötzlich integriert in eine Clique von Aglionby Boys, Schüler eines Elitegymnasiums, wieder. Gansey, Ronan, Noah und Adam haben einen speziellen Lebensmittelpunkt. Sie sind auf der Suche nach der Lej-Linie um einen Toten zum Leben zu erwecken.

„Wen der Rabe ruft“ überzeugte mich mit seinem originellen Plot. Die Jagd nach dem Übersinnlichen wurde absolut glaubhaft und realitätsnah dargestellt und überraschte immer wieder mit unerwarteten Wendungen im Handlungsverlauf.
Je mehr sich die Suche nach der Lej-Linie intensiviert, desto tiefer tauchen die Jugendlichen ein, in eine geheimnisvolle Welt, in der ganz andere Regeln zu herrschen scheinen. Eine meiner Lieblingsstellen ist eine Szene mitten im Wald, als die Protagonisten herausfinden, dass die Bäume latein sprechen und wichtige Botschaften von ihnen empfangen. Eine wunderbare Idee der Autorin! Die Vorstellung mit Bäumen zu kommunizieren ist sehr faszinierend.

Maggie Stiefvater nimmt sich Zeit, ihre Romanfiguren zu charakterisieren und gibt jedem einzelnen ein Gesicht und eine Handlung. Erscheinen die Aglionby Boys auf den ersten Blick wie ein Haufen arroganter Halbstarker, so entwickeln sie sich ziemlich schnell zu facettenreichen Figuren, bei denen man hinter der aufgebauten Fassade empfindsame Jugendliche findet, die allesamt bereits prägende Erfahrungen in ihrem Leben machen mussten.

Blue ist mir quasi von der ersten Seite an ans Herz gewachsen. Sie weiß nicht, wohin sie gehört, fühlt sich oft wie eine Außenseiterin in ihrer eigenen Familie. Auch mit den Ravenboys kann sie im ersten Moment nicht viel anfangen. Schnell entwickelt sich jedoch eine innige Freundschaft und zum ersten Mal in ihrem Leben fühlt sie Zugehörigkeit und Verbundenheit. Insbesondere zu Adam spürt sie eine besondere Verbindung. Doch die aufkeimenden Gefühle werden überschattet von der Prophezeiung, die wie ein Damoklesschwert über ihr hängt. Wird sie ihrer wahren Liebe wirklich den Tod bringen?

„Wen der Rabe ruft“ ist ein wunderbares Herbstbuch. Wenn die Landschaft vor dem Fenster grau und neblig ist, wird die von Maggie Stiefvater gezeichnete Atmosphäre zusätzlich intensiviert. Die Autorin beschreibt auch dieses Mal die Wälder originalgetreu und stimmungsvoll. Sie schafft eine mystische Atmosphäre, der man sich kaum entziehen kann.

Ein rundum gelungenes Buch und eins meiner Lesehighlights 2013.
Nun kann ich es kaum erwarten, bis die Fortsetzung erscheint, denn am liebsten möchte ich sofort weiter lesen!

Auch mit dem Cover ist dem Verlag Skript 5 wieder ein Schmuckstück fürs Bücherregal gelungen. In dunklen Grün- und Brauntönen stimmt es auf die Atmosphäre des Romans ein. Mit Ornamenten verzierte Details laden zum längeren Betrachten ein.