Was geschah nach Nimmerland

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fellfluse Avatar

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Nimmerland ist lange her, Wendy hat sich ein Leben aufgebaut, in dem diese Zeit mit Peter keinen Platz mehr hat. Keinen Platz mehr haben darf, das hat sie schmerzhaft gelernt. Und doch, als eines Tages Peter wieder auftaucht, weiß sie es sofort. Ist sofort wieder alles präsent und sie spürt die Gefahr, die von ihm ausgeht. Allerdings glaubt Peter nicht, dass Wendy erwachsen geworden ist und entführt an ihrer Statt ihre Tochter Jane. Und Wendy muss nun nicht nur versuchen, ihre Tochter zu retten, sondern sieht sich auch – wieder – Männern gegenüber, die nicht glauben wollen und daher nicht hören dürfen, was wirklich geschehen ist.

Das Buch ist abgesehen von seinem fabelhaften Äußeren und der absolut wertigen Haptik schön gemacht.
Es ist nicht das erste und wird nicht das letzte sein, in dem Peter Pan eben nicht als der liebeswerte, nette, verspielte Junge dargestellt wird, als den Disney ihn zeichnete. Sondern als gefährlich, manipulativ und gerissen. Er verfolgt seine eigenen Interessen und weiß, wie er sie durchsetzen kann.
In diesem Buch geht es dann aber nicht darum, Peter als Antihelden zu begleiten, sondern um Wendy, die sich in der Welt nach Nimmerland zurecht finden musste. Die als Frau lernen musste, dass ihre Meinung nicht gehört wird, ihre Worte ihr selbst Schaden können, nur weil die Männer in ihrem Umfeld die Augen vor dem verschließen, was sie ihnen zeigen will. Sie muss sich anpassen, um sich durchsetzen zu können. Und in diesem Setting entführt ausgerecht Peter Pan ihre Tochter. In eine Welt, die von Wendys Brüdern vergessen wurde und von der niemand sonst weiß. Und Wendy riskiert alles, um Jane zu retten.

Die Story ist gut erzählt. Insbesondere die Berichte, wie Wendy ihre Überzeugungen verleugnen musste, finde ich äußerst beklemmend. Zumal es kein Geheimnis ist, wie früher mit Frauen umgegangen wurde, die eben nicht ins Bild passten. Insgesamt finde ich, lebt das Buch von der Stimmung, die man sich im Kopf aufbaut und die auch durch die düstere Aufmachung des Buches unterstützt wird. Vor dem Hintergrund hätte für meinen Geschmack das Worldbuilding etwas detailreicher sein können und die Beschreibungen etwas mehr in die Tiefe gehen können.

Nichts desto trotz ist die Handlung interessant und gerade die aufgezeigte Diskrepanz zwischen dem was war oder ist und dem was sein darf ist enorm. Mir gefällt das Buch gut, es ist keine Neuerzählung, aber eine Weitererzählung auf Basis einer anderen Sichtweise und spiegelt damit im Grunde genommen das wieder, was Wendys Leben ausmacht: Andere Annahme der Wirklichkeit, und darauf aufbauende Entscheidungen.