Im Sog von Familie und Geschichte – die Manns im Schicksalsjahr 1933

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Der Text wirkt wie ein detailreiches, fast filmisch erzähltes Panorama rund um die Familie Mann im Jahr 1933 – ein Schicksalsjahr für Deutschland und zugleich ein Umbruch für die berühmte Schriftstellerfamilie. Besonders faszinierend finde ich, wie stark der Kontrast herausgearbeitet ist: Thomas Mann mit seinem Ordnungsdrang, seiner Selbstinszenierung und der kleinen Welt aus Ritualen, während draußen die politische Katastrophe an Fahrt aufnimmt. Gleichzeitig tauchen die Szenen der Kinder auf, mit ihrer eigenen Radikalität, ihrem Rausch, aber auch ihrer Orientierungslosigkeit.

Das Ganze hat für mich etwas Doppelbödiges: Einerseits intime Familienmomente – von Katias Koffervorbereitungen bis zu den kindlichen Neckereien –, andererseits die großen Linien der Geschichte: Emigration, Nationalsozialismus, Kulturkampf. Beeindruckend ist auch die Gleichzeitigkeit der Ereignisse, die immer wieder aufscheint: Thomas Mann hält seine Wagner-Rede, während Hitler in Leipzig auftritt; Heinrich Mann flieht, während Erika und Klaus feiern.

Der Ton ist fein beobachtet, manchmal ironisch, manchmal beklemmend, und er lässt schon jetzt erkennen, wie brüchig die Welt der Manns in diesen Februartagen ist. Ein Text, der Vergangenheit lebendig macht – und der spüren lässt, dass die Figuren mitten in einem historischen Sog stehen, den sie selbst noch gar nicht in seiner Wucht erfassen.