Zwischen Glanz und Untergang – Die Manns im Ausnahmezustand

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franni Avatar

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Schon die Leseprobe von Florian Illies’ Wenn die Sonne untergeht hat mich komplett in ihren Bann gezogen. Man ist sofort mittendrin – im Februar 1933, kurz vor der Katastrophe, im perfekt geordneten Haushalt der Familie Mann. Thomas, der große Schriftsteller, kämpft nicht nur mit den politischen Umbrüchen, sondern auch mit der Vorstellung, seine tägliche Routine zu verlieren – das Mittagsschläfchen, die Ordnung, den Takt seines eigenen Kosmos.
Illies schreibt mit dieser typischen Mischung aus Witz, Eleganz und Melancholie, die man schon aus 1913 kennt. Er beobachtet scharf, manchmal ironisch, aber immer mit Respekt vor seinen Figuren. Besonders spannend fand ich, wie er die Gegensätze innerhalb der Familie herausarbeitet: Thomas’ pedantische Ruhe trifft auf Klaus’ und Erikas wilde Exzesse, Katias stille Stärke auf das leise Chaos um sie herum.
Man spürt in jeder Zeile die bevorstehende Zäsur – die Vertreibung, die Flucht, das Ende einer Ära. Und doch wirkt alles so lebendig, so menschlich, dass man gar nicht anders kann, als weiterzulesen.
Illies schafft es, historische Distanz und erzählerische Nähe perfekt zu verbinden. Die Leseprobe liest sich fast wie ein Film in Zeitlupe: voller Details, Zwischentöne und dieser bittersüßen Ironie, die seine Bücher so besonders macht.
Fazit: Wunderschön erzählt, klug komponiert und voller Atmosphäre. Eine Leseprobe, die sofort Lust auf das ganze Buch macht – und die Manns wieder einmal ganz nah an uns heranholt.