Die Manns - eine Familie wie jeder andere?

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poutschie Avatar

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Familie Mann – das war für mich bislang immer mit (verhasster) Lektüre im Deutschunterricht, im Germanistikstudium und einer kolossal überhöhten Idealisierung verbunden.

Florian Illies gelingt mit „Wenn die Sonne untergeht“ jedoch ein sehr lesenswertes Buch als Gegenentwurf der zahlreichen sonst so detailverliebten und sachlichen Portraits und Biographien über die Manns. Er lässt uns einen vermeintlich privaten Einblick in das Leben der Familie Mann zum Zeitpunkt absoluter Fassungs- und Hilflosigkeit erhaschen. Begleitet von einem Sommer im Paradies.

Schon in früheren Büchern wie „1913“ überzeugt Florian Illies mit einem Schreibstil, der ein „einfaches“ Sachbuch in eine romanähnliche Leichtigkeit überträgt. Mal lakonisch, mal pointiert, immer mit viel Humor und dennoch akribisch und faktenbasiert recherchiert durch Tagebücher, Briefe, Zeitungsausschnitte und Fotos. Illies beschreibt die Manns nicht als literarische Idealfiguren, sondern als Menschen mit all ihren Widersprüchen: begabt und unbegabt, sensibel, eitel, egozentrisch, fürsorglich (wo es hineinpasst), krittelnd, gönnerhaft, weltgewandt und weltfremd… und besonders in ihrem Schicksalsjahr 1933 auf der Suche nach Haltung zu dem, was in der Welt vor sich geht. Illies lässt sie wie jede gewöhnliche Familie wirken, die über ihre eigenen Bedürfnisse und Konflikte stolpert und dabei nicht immer alle Familienmitglieder zu integrieren vermag. So wird der große Literat und Nobelpreisträger ein wenig von seinem Sockel geholt.

Die Manns wurden mir nach dieser Lektüre ein wenig zugänglicher, in jedem Fall aber vermag das Buch ungeheuer zu unterhalten. Fazit: Eine absolute Leseempfehlung für dieses großartig geschriebene Werk über eine der außergewöhnlichsten Familien des 20. Jahrhunderts!