Die Siedler von Sanary-sur-Mer

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Im Februar 1933 brachen Thomas und Katja Mann aus dem heimischen München von ihrer innig geliebten Villa in der Poschinger Straße 1 auf zu einer Vortagsreise zum Thema ‘Leiden und Größe Richard Wagners‘, um dann weiter in die Schweiz zur Erholung zu fahren. Für März war dann die Rückkehr in die Heimat, nach Deutschland, vorgesehen. Doch es sollte anders als geplant eine sehr lange Reise werden, eine über Jahre währende Suche nach einem Platz, an dem die gewohnte und über alles geliebte Ruhe zum Schreiben, dem vertrauten Schreibtisch nebst gepolstertem Stuhl, dem gigantischen Schatz der heimischen Bibliothek und natürlich diese gelbe Decke des unterkühlten Autors einen Platz finden würden. Auch die lebensnotwendigen Rituale der pünktlichen Essens- und Arbeitszeiten mussten in den Alltag wieder einziehen, damit der Literatur-Nobelpreisträger seine Schaffenskraft zum Wohle seiner Leserschaft erhalten und überhaupt seinen wertvollen Gedanken nachgehen konnte, die sich in den überaus beliebten Romanen doch so erfolgreich verfestigten.
Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten sollte sich das Leben der Familie Mann grundlegend ändern, denn an eine Heimkehr nach München war bis auf weiteres nicht zu denken. Der Grund dafür war einer Unachtsamkeit eines Journalisten zuzuschreiben, der den Wortlaut von Thomas Manns Vortrag über Richard Wagner fehlerhaft wiedergab und damit eine Welle der Empörung in der neuen politischen Führung Deutschlands auslöste. An der südfranzösischen Mittelmeerküste im kleinen Örtchen Sanary-sur-Mer verbringen schließlich die Manns den heißen Sommer von 1933 zusammen mit weiteren namhaften ebenso emigrierten Schriftstellern, die sich dann doch lieber als Siedler bezeichneten, sich einrichteten und sich gemeinsam Unterhaltung als auch Stütze gaben in den schweren Zeiten.
Florian Illies beweist einmal mehr im Roman ‘Wenn die Sonne untergeht – Familie Mann in Sanary‘ sein großes schriftstellerisches Talent. Intelligent und auf angenehm unterhaltende Art präsentiert er die Leiden des großen Thomas Mann, welche Konflikte er mit sich austragen musste, um Stellung zu beziehen, die man so sehr von ihm erhoffte. Der Autor lässt den Leser an dem sehr persönlichen Leben der Familienmitglieder, der Freunde und Wegbegleiter teilhaben, in dem er neben unzähligen überlieferten Zeitzeugnissen auch die bisher unveröffentlichten Tagebucheinträge von Golo Mann auswertet und gekonnt in die Geschichte einarbeitet.
Für mich ist dieser Roman von Florian Illies ein Highlight des Jahres.
Stephan Schad verleiht diesem bemerkenswerten Roman, in dem von ihm eingesprochenen Hörbuch, einen ganz besonderen Reiz, dieser Geschichte zu folgen.