Eines der Highlights in diesem Bücherjahr

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Florian Illies bleibt sich treu als Chronist der Stimmungen und Meister der Zwischentöne. In 'Wenn die Sonne untergeht' widmet er sich der Familie Mann, der wohl bekanntesten deutschen Schriftstellerfamilie, die in den 1930er-Jahren im südfranzösischen Sanary-sur-Mer Zuflucht fand. Es sind Monate des Übergangs, zwischen äußerem Glanz und innerer Verunsicherung, die Illies mit großer Genauigkeit nachzeichnet.

Wie schon in seinen früheren Büchern verbindet er sorgfältige Recherche mit erzählerischer Leichtigkeit. Aus Tagebucheinträgen, Briefen und Erinnerungen entsteht ein vielschichtiges Bild dieser außergewöhnlichen Familie. Illies beschreibt die Manns nicht als Denkmalfiguren, sondern als Menschen mit all ihren Widersprüchen: begabt, eitel, verletzlich und auf der Suche nach Haltung in einer aus den Fugen geratenen Welt.

Sein Stil ist elegant und präzise, durchzogen von feiner Ironie und einem sicheren Sinn für Atmosphäre. Die flirrende Hitze der Côte d’Azur wird ebenso spürbar wie die politische Bedrohung, die im Hintergrund heraufzieht.

Auch das Hörbuch, gelesen von Stephan Schad, ist eine Empfehlung. Schad findet den richtigen Ton, trägt Illies’ Sprache mit ruhiger Klarheit und verleiht ihr zusätzliche Tiefe.

'Wenn die Sonne untergeht' ist kein klassischer historischer Roman, sondern ein literarisches Zeitgemälde, das historische Distanz in emotionale Nähe verwandelt. Ein klug komponiertes, sprachlich brillantes Buch, das zeigt, wie kunstvoll Illies Geschichte in Atmosphäre verwandeln kann.