Mann oh Mann
Das Buchcover nimmt die Stimmung an einem Tag an der Cóte d´Azur und der historischen Einbettung vortrefflich auf. Da sitzt Kultur an einem fein gedeckten Tisch in Südfrankreich. Man schreibt das Jahr 1933. Florian Illies gelingt es, einen tiefergehenden Blick auf die berühmte Schriftstellerfamilie Mann zu werfen. Zwar gibt es bereits viele Biografien, dennoch schafft es Florian Illies neue Aspekte in ein Lesevergnügen einzubringen. Zwischen historischen Tatsachen und Fiktion beschreibt das Buch ein Familienpsychogramm, das so detailliert und spannend geschildert wird, dass es zu keinem Moment langatmig wird, obwohl es lediglich die Monate Februar bis September 1933 umfasst. Die Familie Mann geht aus München weg und landet in Sanary im Exil, wo sie auf viele weitere Kulturschaffende Exilanten treffen. Aus Tagebucheintragungen, Briefen und belegten historischen Ereignissen als gründliche Recherche und den innerfamiliären Persönlichkeitsbeschreibungen ist Herrn Illies erneut ein Buch gelungen, das sich zwischen Dokumentation und Fiktion zu einem spannenden Roman verdichtet. Thomas Mann als egozentrisch dominantes Familienoberhaupt und dazu die sechs Kinder, die um seine Anerkennung buhlen, sich bemühen und doch von dem 'großen' Nobelpreisträger wenig väterliche Liebe und schon gar kein Lob und Anerkennung erfahren. Thomas Mann bleibt lange unentschlossen, sich von Nazideutschland zu distanzieren, ist in seinen Gewohnheiten verhaftet und bleibt despotisches Zentrum der Familie. Das verändert auch die Sonne Südfrankreichs nicht. Besonders interessant zu lesen sind die Beschreibungen der sechs Kinder, sowohl in ihrem Bezug zum Vater, als auch in ihren jeweiligen Lebensentwürfen. Stellung zu beziehen in politischen Wendezeiten, Weggehen oder bleiben, Verlust oder Anpassung, selten so umfassend spannend beschrieben wie in diesem opulenten Familienepos der berühmten Familie Mann. Mann oh Mann ist dieses Buch lesenswert.