Vielsagende Lücken

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"Wenn du es heimlich machen willst, musst du die Schafe töten", damit wird der Roman eingeleitet. Was es mit diesem Satz auf sich hat, wird schnell klar, ebenso wieso das Cover mit einer geschnittenen Zitrone bebildert ist.
Über mehrere Generationen erzählt Anna Maschik eine Familiengeschichte, die an ihre eigene angelehnt ist.
Alma ist das jüngste Familienmitglied und die Erzählerin. Sie nähert sich ihren Familienmitgliedern anhand von Anekdoten, Geschichten und Listen an. Vieles bleibt unausgesprochen, wird nur angedeutet. Zwischen den Zeilen lässt sich vieles erahnen.
Viel geredet wird in der Familie nicht, es wird gearbeitet, das Leben ist nicht einfach.
Diese Wortkargheit wird sprachlich und stilistisch auch durch die Romanform gut umgesetzt. Kurze Kapitel, viel Freiraum zwischen den Anekdoten, es bleiben auch mal Seiten leer.
Ein bisschen Magie ist auch dabei - immer dann, wenn das Geschehene schwer in Worte zu fassen ist. Dennoch erzählt diese etwas über die Realität.
In dem kurzen Interview am Ende des Buch berichtet die Autorin, dass sie keinen epischen Familienroman schreiben wollte. Erinnerungen sind oft lückenhaft, aber gerade die Lücke kann eine Aussage/Bedeutung beinhalten. Durch Nacherzählen werden Zusammenhänge erst konstruiert und es sei ein Trugschluss, dass Lebensereignisse immer in einem bedeutsamen Zusammenhang stehen. Daher habe sie die fragmentarische, konzentrierte Form gewählt.
Mit diesem doch recht kurzen und gut lesbaren Roman ist es Anna Maschick gelungen, vier Generationen einer Familie zu beschreiben, alle vier Frauen in dem Kopf des Lesers vorstellbar zu machen.
Auf weitere Romane der Autorin darf man sich freuen.