Spannung in Schottland

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lesemöwe Avatar

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Ein sturer Kommissar, eine vermisste Frau und atmosphärische Dichte - und das alles vor dem Hintergrund der verrätselten Überschrift "Wenn du mich tötest" und dem in Schwarz und Weiß gehaltenen, gespenstisch wirkenden Titelbild - hier sind beste Zutaten für einen spannenden Krimi gegeben.

Die Anfangsszene spielt in einem schottischen Hotel irgendwo im schottischen Nirgendwo. Ein Fremder betritt das Lokal und fragt nach einem Einzelzimmer. Dies erregt das Interesse des Hotelbarbesuchers Peter, erinnert sich dieser doch daran, den Mann vor Kurzem noch mit seiner Frau zusammen auf seinem Boot gefahren zu haben, um ihnen einige touristische Plätze zu zeigen. Er erinnert sich, dass sich das Paar fürchterlich gestritten hat..., und dann fällt ihm dessen Name wieder ein: Julian. Das ist das letzte Wort des ersten Kapitels und gleichzeitig auch das erste Wort des folgenden, in dem weiter aus der Sicht von Julian erzählt wird.

Julian scheint emotional sehr aufgewühlt, was an vielen Stellen durch interessante sprachliche Bilder verdeutlicht wird: "Die Erinnerung auszuschütten wie Wasser aus einem
Krug. Für einen Moment gab er sich diesem Gedanken hin, beruhigte sich, doch unter der Oberfläche brodelte weiter das Entsetzen, das ihn letztlich zurück an diesen Ort getrieben hatte." (Seite 11 f.) / "Er durfte sich nicht von seinen Emotionen leiten lassen, nicht dem Gefühl der Hilflosigkeit hingeben, das seine Gedanken zu lähmen drohte." (Seite 12) / "der Alkohol zeigte bereits seine Wirkung. Bilder und Wortfetzen, Gedanken und vor allem Emotionen flossen ineinander. " (Seite 12) und " Seine Füße waren schwer wie Blei" (Seite 12).
Schließlich ruft er die Polizei, um eine Vermisstenmeldung aufzugeben.

Dann ein erneuter Perspektivwechsel zum Detective Sergant John Gills, der mit den Ermittlungen in dem Vermisstenfall betraut wird. Eine sympathische, scheinbar charakterstarke Figur, die stur, und heimatverbunden ist und der seine Eltern nach einem Streit längere Zeit nicht gesehen hat.

Alle drei Figuren haben ihre Geheimnisse, was die Leseprobe spannend macht und was Lust aufs Weiterlesen vermittelt.

Dazu tragen auch die vielen Passagen mit personalen Erzählelementen, die sprachlichen Bilder und die atmosphärische Beschreibung der Landschaft bei : "Das Wasser des Cromarty
Firth wirkte grau und abweisend, die Wolken hingen tief, und in dem Dunst zeichneten sich schemenhaft die Skelette der Ölplattformen, die hier gewartet wurden, wie hochbeinige Fabelwesen ab." (Seite 19) und "nur noch vereinzelt tauchten die Umrisse eines Gehöfts in der kargen Landschaft auf. Außer kahlen, halb im Nebel verborgenen Bergen, einsamen, weitläufigen Tälern und mit Flechten überwucherten Felsblöcken gab es hier nichts, woran sich das Auge festhalten konnte" (Seite 20).

"Was war Realität, was Einbildung?" fragt sich Julian Tahn, als er noch im Überlegungsprozess ist, bevor er die Polizei ruft. Ich könnte mir vorstellen, dass diese Frage eine zentrale Rolle im weiteren Verlauf der Handlung spielen wird und vielleicht auch mit dem Leser und seiner Wahrnehmung gespielt wird.

Eine sehr vielversprechende Leseprobe!