Drolliges Duo auf kurioser Ermittlungstour

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*lucy* Avatar

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„Wenn Ende gut, dann alles“ ist der Auftakt von Volker Klüpfels neuer Krimireihe „Svetlana und Tommi ermitteln“. In ihrem ersten Fall widmen sich Svetlana und der Dichter einem einsamen Kind, das sie zufällig am Waldrand auflesen.
Eigentlich war Tommi, der zukünftige Thrillerautor in spe mit seiner ukrainischen Putzfrau Svetlana verabredet, damit diese sein Wohnmobil mal wieder auf Vordermann bringt. Doch als die beiden am Waldrand ein einzelnes Mädchen mit Down-Syndrom auflesen, das durch den Regen gewandert war und sie in die Obhut der Polizei übergeben, ist vor allem Svetlanas Helfersyndrom geweckt. Die gemeinsame Suche nach der Familie des Kindes fördert einige Überraschungen ans Tageslicht und bringt nicht nur das schräge Ermittlerduo in eine brenzliche Situation.
Volker Klüpfels Schreibstil lässt sich ausgesprochen angenehm lesen. Svetlanas immer mal wieder eingeworfenen ukrainischen Sprichwörter und ihre ausbaufähige Grammatik lockern den Roman bei aller Gewitzheit noch weiter auf und haben mich an einigen Stellen durchaus zum Grinsen gebracht. Nicht ganz erschließt sich mir, warum Volker Klüpfel dem Mädchen eine Trisomie 21 angedeihen lässt, da die für die Handlung eigentlich kaum relevant ist und auch nicht weiter darauf eingegangen wird. Was dem Roman in meinen Augen zunächst aber eindeutig fehlt ist Spannung, schließlich handelt es sich hier um einen Krimi. Ein, zwei spannende Situationen gibt dann aber doch noch, sodass ,humorvoller Cosy Crime‘ es wohl ganz gut beschreibt.
Wirklich abenteuerlich sind dagegen die Figuren des Romans und zwar nicht nur die Protagonisten. Zum einen gibt es Tommis Vater Leo, bis vor kurzem noch ein Abenteuer, der mit seinem Wohnmobil durch die Welt zog und sich nun mit 63 Jahren plötzlich in einer Seniorenresidenz einquartiert hat. Dort sorgt Leo allerdings für gewaltigen Wirbel und schaut den Röcken offenbar nicht nur hinterher. Tommi, ebenso erfolg- wie mittellos lebt aufgrund seiner prekären finanziellen Lage im Wohnmobil seines Vaters, was ihm immer wieder die Konfrontation mit dem Ordnungsbeamten Kleinschmidt einbringt. Tommi ist alles andere ein strahlender Protagonist und noch nicht einmal sonderlich sympathisch. Stattdessen wirkt er mit seinem fehlenden Blick für die Realität trotz seiner 32 Jahre oft unselbstständig, einfältig und jämmerlich und auch seine (Selbst-)Wahrnehmung ist in vielen Situationen gelinde gesagt ziemlich befremdlich. Auch sein Hang zur politischen Korrektheit wirkt ein wenig befremdlich. Ob sein großer Thriller jemals fertiggestellt wird steht wohl in den Sternen, denn sowohl in Sachen Kreativität, als auch Arbeitsmoral überschlägt Tommi sich nicht gerade. Obwohl er eine ziemlich hohe Meinung von sich selbst hat, lässt er sich von Svetlana beinahe so problemlos wie eine Marionette lenken ohne sich dessen bewusst zu sein. Man muss Tommi aber unbedingt zugutehalten, dass er sich im Verlauf des Romans ein wenig weiterentwickelt und zumindest ein klein bisschen Einsatz zeigt. Vielleicht wird der „kleine Tommi“ im Verlauf der Reihe ja noch Erwachsen und landet auf dem Boden der Tatsachen. Die knapp 50-jährige Svetlana hingegen weiß was sie will und wie sie ihr Ziel erreicht. Sie wirkt ziemlich aufgeweckt und selbstbewusst und verpasst Tommi im übertragenden Sinne immer mal wieder den dringend notwendigen Tritt in den Allerwertesten. Aber auch, wenn sie wohl nur sein Bestes im Sinn hat, manipuliert sie Tommi immer wieder nach ihrem Gutdünken. Über ihr Privatleben und ihre Vergangenheit schweigt Svetlana wie über ein streng gehütetes Geheimnis. Dabei nimmt sie sonst kaum ein Blatt vor den Mund.
Auch wenn mir die Figuren des Romans alle nicht uneingeschränkt sympathisch sind, begeistert mich die Dynamik zwischen den Charakteren, die meiner Meinung nach mindestens so spannend wie der Krimifall selbst ist. Daher bin ich auch sehr gespannt, wie sich die Konstellation um das abenteuerliche Duo weiter entwickelt.
Mit einer Menge humorvoller Höhepunkte und der äußerst gelungenen Zusammenstellung der Figuren auch ohne echte Krimispannung ein überaus lesenswerter Auftakt für Klüpfels Solo-Reihe, der Lust macht auf mehr.