Fast schon ein Essay!

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mike nelson Avatar

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Marco Balzano konfrontiert uns in seinem neuen Roman mit einem Teil der Wirklichkeit, den wir sehr gerne ausblenden: In den wirtschaftlich erfolgreichen, westlichen Industriestaaten schaffen Familien, in denen beide Partner für den Erfolg arbeiten, es nicht mehr, die Betreuung ihrer eigenen Kinder und die Versorgung der pflegebedürftig gewordenen Eltern zu übernehmen. Hierfür greifen wir - fast schon in einer Form modernen Sklaventums - auf Arbeitsmigrantinnen aus dem östlichen Europa und auch aus anderen Kontinenten zurück. Diese Geschichte erzählt Marco Balzano am Beispiel der zweifachen rumänischem Mutter Daniele, die in einer Nacht- und Nebelaktion ihre Heimat verlässt, um sich in Italien als Kindermädchen und Altenpflegerin zu verdingen und der zurückgelassenen Familie die so wichtige finanzielle Unterstützung zu geben. Als dann ihr Sohn Manuel nach einem Mopedunfall (Suizidversuch?) ins Koma fällt, verschärft sich für Daniela der Konflikt, weil sie weiß, dass sie auf den Vater der Kinder nicht zählen kann. Die Stärke des Romans ist, dass er ganz nahe an der Alltagswirklichkeit der Arbeitsemigrantinnen inszeniert ist und auf 'Psychologisierungen' weitgehend verzichtet. Eher eine etwas nüchterne, als eine stark emotional aufgeladene Geschichte - fast schon ein Essay. Leseempfehlung!