Migrantin für ihre Familie

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
emmmbeee Avatar

Von

Eine Situation, die uns geläufig geworden ist: Eine rumänische Familie ohne Perspektiven, die Kinder sollen es einmal besser haben und studieren können. Der arbeitslose Vater verheißt großspurig, dass er das verfallene Häuschen zu einem Palast zurechtrenovieren werde, wenn er nur etwas Geld hätte. Die Mutter sieht als einzig lohnendes Einkommen eine Pflegetätigkeit in Italien und emigriert. Dass mit den nun fließenden Einkünften auch diverse Probleme entstehen, die der Familie bald über den Kopf wachsen, liegt auf der Hand.
Aus der Sicht des zurückbleibenden Sohnes Manuel, von Mutter Daniela und Tochter Angelica schildert Marco Balzano in drei Kapiteln die Auswirkungen der elterlichen Bemühungen um die Zukunft ihrer Kinder. Während Vater Philip bald mit dem Geld das Weite sucht, bleibt die Sorge um Manuel an Tochter Angelica und der Großmutter hängen. Daniela sendet ihren Lohn nach Hause, doch Dank erntet sie dafür nicht.
Es ist berührend, wie die Mutter ihrem Sohn im Koma von der harten Arbeit in Italien erzählt. Ihr gehört meine Sympathie. Die Kinder sind halt Kinder und können noch nicht gerecht urteilen. Tochter Angelica setzt sich jedoch selbstlos für ihren Bruder ein. Der Vater hingegen spielt eine jämmerliche Rolle: Erst ist er gegen eine Auswanderung seiner Frau, dann lässt er seine Kinder vollends im Stich.
Wir im sogenannten Westen nehmen gern die Dienste dieser Pflege-Migrantinnen in Anspruch und wissen doch so wenig über die Hintergründe. Aus den Erfahrungen von Freunden kann ich mir vorstellen, dass der Sachverhalt authentisch geschildert worden ist.
Unaufgeregt, aber eindrücklich erzählt Balzano vom erdrückenden Schicksal und der Not dieser Familie. Seine Sprache ist sehr plastisch, farbig, lebendig, die Spannung ist rasch aufgebaut und wird gehalten bis zum Schluss. Der Roman geht zu Herzen.
Das Coverbild zeigt eine Frau, die aus dem Dunkel in eine hellere Welt schaut: sinnvoll ausgewählt. Ich lege das Buch all jenen ans Herz, die um die schweren Entscheidungen dieser tapferen Frauen wissen, vielleicht schon ihre Dienste in Anspruch genommen haben. Aber auch allen anderen, die offen sich für die Problematik von Emigration und Familie.