Träume von einem besseren Leben

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Moma lässt einen Brief an ihre Kinder zurück „…im Juli bin ich wieder da“. Und dann war sie wirklich da – mit vielen Geschenken. Aber bald ist der Sommer vorbei und sie muss zurück nach Mailand zu dem alten Mann, für den sie sich abrackert. Daheim in Rumänien bleiben Manuel und Angelica, ihre Kinder. Das Geld ist immer viel zu wenig und was bleibt Daniela anderes übrig, als Arbeit im fernen Italien als Altenpflegerin anzunehmen.

Aus drei Blickwinkeln erzählt Marco Balzano von den Frauen aus Osteuropa, die ihre Familien zurücklassen müssen, um deren Auskommen zu sichern.

Manuel ist zwölf, schildert seine Sicht auf seine immer kleiner werdende Familie. Zunächst ist Moma weg, dann auch Papa, er transportiert Waren von A nach B in Polen und Russland. Minus zwei. Angelica geht in die Stadt zum Studieren. Minus drei. Übrig bleibt er, Manuel. Ohne den Lenker loszulassen, flog der mit dem Moped über die baumlose Landschaft. „Und jetzt wird es überall finster.“

„Hallo Salzkorn, träumst du?“ Moma sitzt am Krankenbett von Manuel, er liegt im Koma und sie erzählt ihm von ihrem Leben, von ihrer Zeit in Mailand und davor. Ein Jahr wollte Daniela bleiben, dann genug Geld haben, um in dieses Geisterdorf zurückzukehren - hierher nach Radeni, das sie in- und auswendig kennt, das sie vermisst. Sehr viel länger ist sie weggeblieben und in all den italienischen Jahren waren ihre Kinder sowas wie Waisenkinder.

Angelica kommt im letzen Teil zu Wort, sie sieht ihre Mutter sehr kritisch, macht ihr Vorwürfe, auch wenn sie durch deren Arbeit der Enge des Dorfes entfliehen und studieren kann. Eine gute Schulbildung ist Daniela wichtig und die nötigen finanziellen Mittel sind nun mal in Rumänien nicht zu bekommen.

Wer kennt sie nicht, die osteuropäischen Pflegekräfte? Die ihre Familien daheim lassen, ihre Kinder nicht aufwachsen sehen. Die Alten bleiben bei den Kindern und die Frauen überweisen das Geld in die Heimat. Mit viel Zuversicht kommen sie, um kurz zu bleiben und schnell erkennen sie, dass dieser Traum von einer besseren Zukunft bald ausgeträumt ist. Nur allzu oft werden sie illegal beschäftigt, es ist ein Leben am Rande der Gesellschaft. Im vermeintlich goldenen Westen werden sie meist Außenseiter bleiben und trotz harter Arbeit doch nie genug verdienen.

Ein Thema unserer Zeit, das Marco Balzano in diesem tieftraurigen, aber doch so lebendigen Buch eindrucksvoll erzählt. Die Geschichte der Familie Matei steht für die vielen Migranten, die gezwungen sind, wegzugehen. Um ein einigermaßen würdiges Überleben denen zu sichern, die daheimgeblieben sind - mit all denn Problemen und Schuldgefühlen der Weggegangenen.

Ein sehr lesenswertes Buch, das berührt und nachdenklich stimmt.