Traurig und zum Nachdenken anregend

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Die Bücher von Marco Balzano lassen mich immer mit einer gewissen Schwere und einem Hauch von Melancholie zurück. So hat mich auch sein neuester Roman, „Wenn ich wiederkomme“, sehr betroffen gemacht und mich zum Nachdenken angeregt.
Daniela, Mutter zweier Kinder, bricht in einer Nacht-und-Nebel-Aktion von ihrem Heimatdorf in Rumänien nach Italien auf, um dort als Pflegekraft zu arbeiten und mit dem hart verdienten Geld ihren Kindern ein besseres Leben zu ermöglichen. Die Kinder bleiben bei den Großeltern und beim Vater zurück. In drei Kapiteln wird die Geschichte aus den Perspektiven von Manuel, dem Sohn, Daniela selbst und ihrer älteren Tochter Angelica erzählt. Hier wird deutlich, wie unterschiedlich die Familienmitglieder mit der Situation umgehen und mit welchen Problemen sie zu kämpfen haben. Während Manuel sich von der Mutter im Stich gelassen fühlt und versucht, sich mit Konsum zu betäuben, wirft Angelica ihrer Mutter vor, ihr die Verantwortung für alles zugeschoben zu haben, erfüllt aber letztlich doch ihre Pflicht. Daniela wiederum hat mit ihrem schlechten Gewissen zu kämpfen und fühlt sich ausgenutzt, sowohl von ihrer Familie als auch von ihren Arbeitgebern.
Marco Balzano bringt die unterschiedlichen Sichtweisen den Leser*innen sehr differenziert und emotional nahe, obwohl seine Schreibweise eher nüchtern-beschreibend-klar ist. Mir wurden beim Lesen einige Themen offenbar, über die ich davor gar nicht nachgedacht habe und die mich tief getroffen haben, weil die Problematik auch hier in Deutschland sehr aktuell ist. Zudem fand ich die zusätzlichen Informationen im Nachwort – den Begriff „Italiensyndrom“ habe ich zum Beispiel nicht gekannt - sehr wertvoll und zeigen, wie gut der Autor recherchiert hat.
Ich bin von dem Buch sehr begeistert, weil es in einer leisen, stillen Art auf Probleme aufmerksam macht, die sich eher im Verborgenen, am Rande der Gesellschaft, abspielen.