Leben und Kunst

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regenprinz Avatar

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Der Roman von Tom Saller hat mir gut gefallen. Vergangenheit und Gegenwart werden geschickt verwoben, beide Handlungsstränge fand ich spannend. Wobei Marthas Lebensgeschichte natürlich viel mehr Raum umfasst, als die Episoden um den jungen Thomas, der in New York ein äußerst wertvolles Tagebuch versteigern lässt ...

Detailreich und originell wird Marthas Aufwachsen in Pommern geschildert, ihre Kindheit in einem Musikerhaus und ihre besondere Begabung, "Formen" zu hören. Dass sie ihren verstorbenen Bruder Heinzchen immer an ihrer Seite spürt, passt da gut ins Bild. Martha ist eben ein ganz eigener Charakter.
Auch die übrigen Figuren wirken auf mich klar konturiert - sowohl in Pommern, als auch später während Marthas Ausbildung am Bauhaus in Weimar. Hier findet sie einige entscheidende Dinge über sich selbst heraus und schreibt in das Notizbuch, das sich später als so wertvoll erweist.
Mir hat es Spaß gemacht, über die Bedingungen des Kunst-Studiums in jener Zeit zu lesen, denn ich war bisher mit Walter Gropius und der Bauhaus-Geschichte wenig vertraut und ich hatte den Eindruck, der Autor hat sorgfältig recherchiert. Eine spannende Zeit, doch immer stärker zeigen sich die Vorboten des Krieges ...
Ich will jetzt inhaltlich gar nicht konkreter werden, denn Marthas Geschichte lebt auch von so mancher Überraschung darin. Vor allem gegen Ende des Buches war ich von all den Wendungen ziemlich baff - manches konnte ich ja erahnen, aber alles dann doch nicht. Kompliment dafür! Ich mag so was. :)

Ansonsten möchte ich den sehr verknappten Erzählstil noch erwähnen - mitunter war mir das fast schon zu verkürzt in der Darstellung. Aber der Autor hat zweifellos einen eigenen Ton, den ich durchaus zu würdigen weiß. Insgesamt habe ich diesen Roman auch wirklich mit großem Vergnügen gelesen.